Offenbar Clan-Fehde

Mafia-Anschlag auf offener Straße im Herzen Wiens

Wien
21.12.2018 20:49

Weihnachtliches Flair am frühen Freitagnachmittag in der Wiener Innenstadt: Auf den festlich geschmückten Flaniermeilen und in den engen Gassen herrscht dichtes Gedränge. Viele befinden sich schon im verlängerten Weihnachtswochenende. Es ist 13.30 Uhr, als es plötzlich mehrmals knallt. In einer Fußgängerpassage vom Lugeck zur Wollzeile, unweit des beliebten Schnitzelrestaurants Figlmüller, einer Wiener Institution, sacken zwei Männer getroffen zusammen - einer von ihnen stirbt noch am Tatort, der andere kämpft im Spital um sein Leben. Das getötete Opfer, Vladimir Roganovic (31), soll Teil eines Balkan-Unterwelt-Clans gewesen sein.

Der noch flüchtige Täter hatte bis zu sieben Schüsse abgegeben. Beide Opfer wurden im Bereich des Oberkörpers und des Kopfes getroffen. Es erinnert an eine Mafia-Hinrichtung. Passanten schreien, laufen in Panik in alle Richtungen, suchen Zuflucht in Geschäften, in Lokalen oder in Garagen, manche rennen einfach nur planlos die Flaniermeilen entlang. Angst und Schock sitzen tief. Unterdessen kämpfen alarmierte Rettungskräfte und Passanten um das Leben der Angeschossenen.

(Bild: krone.at)
(Bild: Alex Bischofberger-Mahr)
(Bild: krone.at)
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Arzt leistet Erste Hilfe
 Ein zufällig anwesender Arzt, den Zeugen aus einem Lokal geholt hatten, leistet auch sofort Erste Hilfe. Ein Mann erliegt jedoch seinen schweren Schussverletzungen, wie Polizeisprecher Daniel Fürst kurz darauf mitteilt. Das zweite Opfer wird ins Wiener AKH gebracht, wo Ärzte um das Leben des Mannes kämpfen.

Ein Großaufgebot an Polizeikräften ist rasch vor Ort. Polizisten mit Helmen und in schusssicheren Westen riegeln den Tatort ab. Über der Innenstadt kreist ein Polizeihubschrauber. Der möglicherweise selbst angeschossene Killer - eine Blutspur führt aus dem Durchgang hinaus - kann laut Zeugenaussagen in einem schwarzen Mercedes entkommen. Die Fahndung wird auf das gesamte Stadtgebiet ausgedehnt. Mehrere Personen werden gestoppt. Sie müssen sich ausweisen.

(Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
(Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
(Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)

Via Twitter veröffentlichte die Wiener Polizei ihre Informationen laufend auch in englischer Sprache - nicht zuletzt aufgrund der vielen Weihnachts-Touristen, die sich derzeit in der glitzernden Donaumetropole aufhalten.

Das 32-jährige Mordopfer Vladimir Roganovic soll Mitglied eines Unterwelt-Clans gewesen sein. (Bild: Reinhard Holl, zVg, krone.at-Grafik)
Das 32-jährige Mordopfer Vladimir Roganovic soll Mitglied eines Unterwelt-Clans gewesen sein.

Clan-Fehde mitten in Wien
Die Polizei schließt einen Terrorakt aus. Ermittlungen zufolge dürften einander Täter und Opfer gekannt haben und vermutlich vom Westbalkan stammen. Das Opfer, Vladimir Roganovic (31), war wegen Dokumentenfälschung vorbestraft und soll Teil des „Kavacki Klans“ aus Montenegro gewesen sein. Er soll laut serbischen und montenegrinischen Medien in Montenegro auch wegen illegalen Waffenbesitzes verurteilt worden sein. Es könnte sich also um eine Unterwelt-Fehde gehandelt haben, die mitten in Wien ihr tödliches Ende fand. Zeugen wollen die Gruppe zuvor am gemeinsamen Mittagstisch bei einer Aussprache gesehen haben.

Die Reihe von blutigen Abrechnungen zwischen den beiden Mafia-Gruppen aus dem montenegrinischen Kotor (siehe Karte oben), die in den vergangenen Jahren häufig in der serbischen Hauptstadt Belgrad ausgetragen wurden, soll ihren Ursprung in einem Drogenstreit haben. Wie serbische Medien Anfang des Jahres berichteten, soll einer der beiden Clans Ende 2014 rund 200 Kilogramm Kokain aus Südamerika in einer Wohnung in Valencia versteckt haben. Die Information darüber sei zu Mitgliedern des anderen Clans gekommen, die sich zum Kokain-Diebstahl entschlossen hätten. Kurz danach starteten die blutigen Abrechnungen, zuerst in Valencia, danach in Montenegro und Serbien.

Sandra Ramsauer und Martina Münzer, Kronen Zeitung

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