Armut mitten unter uns

Nur 40 Euro im Monat: „Das ist kein Leben“

Steiermark
25.12.2018 15:18

370 Euro haben die Steirer im Schnitt für ihre Weihnachtsgeschenke ausgegeben. Dieses Geld wäre für Herrn Manfred (Name von der Redaktion geändert) schon fast ein Lotto-Sechser. Der 68-jährige Alleinerzieher hat für sich und seinen Sohn im gesamten Dezember 40 Euro zur Verfügung: „Das ist kein Leben.“

Jahrzehntelang lebte Herr Manfred in einer heilen Welt. Er arbeitete im Verkauf, war verheiratet - und dann, mit 59, schlug das Schicksal zu. Auf Grund von Stoffwechselstörungen wurde der Grazer in die Invaliditätspension geschickt.

Ein gebrochener Mann
Heute ist er 68 Jahre alt, geschieden, alleinerziehender Vater, hat ansonsten keine Sozialkontakte, lebt in einer desolaten Gemeindewohnung und bekommt monatlich 890 Euro Rente. Er ist ein gebrochener Mann. „Mir bleiben im Monat Dezember insgesamt 40 Euro zum Leben. Glauben Sie mir: Das ist kein Leben!“

Miete und Energiekosten fressen die Rente fast zur Gänze auf. „Und ich darf ja nichts dazuverdienen. Sonst verliere ich die Rente.“ „Es gibt tote Winkel in unserem Sozialsystem“, bestätigt Caritas-Sprecherin Irmgard Rieger.

Symbolfoto (Bild: Josef Pail)
Symbolfoto

„Ich kann mir keine Kugel Eis leisten“
Was Herr Manfred den ganzen lieben langen Tag macht? „Was soll ich machen? Ich kann mir ja eh nichts leisten. Im Sommer zum Beispiel, wenn ich an einem Schanigarten vorbei gehe und die Leute da sitzen sehe und ich weiß, ich kann mir nicht einmal eine Kugel Eis leisten, dann ist das einfach niederschmetternd. Ich gehe maximal hin und bitte um ein Glas Wasser.“

Seit Jahren in keinem Geschäft mehr
Aber wie kann man mit 40 Euro im Monat überleben? „Geschäfte habe ich seit Jahren keine von innen gesehen“, sagt der Grazer, „Gewand gehe ich auf Flohmärkten kaufen. Schuhe um zwei Euro zum Beispiel. Essen muss ich mir bei Sozialmärkten holen. In meine Wohnung kann ich niemanden reinlassen, so desolat ist sie. Ich hab’ auch schon einmal vier Jahre lang auf dem Boden schlafen müssen.“

(Bild: Uta Rojsek-Wiedergut)

Er spielt Schach gegen sich selbst
Spazieren gehen - das ist seine Passion. „Das kostet nichts. Und ab und zu finde ich sogar eine Euro-Münze auf dem Boden. Ich war schon seit Jahren nirgends mehr außer in Graz.“ Das Ganze hinterlässt bei Herrn Manfred natürlich Spuren: „Wenn ich in der Früh aufwache, denke ich mir schon öfter: Warum eigentlich?“ Ein Hobby hat der 68-Jährige: „Ich spiele mit mir selber und gegen mich Schach.“

„Glaube ist mein Anker“
Halt bekommt er trotzdem. „Mein Sohn ist mit seinen 16 Jahren mein Stern. Er ist so brav und lieb. Und er hat’s ja nicht gerade einfach.“ Und der Glaube trägt ihn. „Der ist mein Anker. Mit meinem Sohn lese ich oft in der Bibel und wir diskutieren dann darüber.“

(Bild: thinkstockphotos.de)

„Wir sind Ausgestoßene“
Ob Herr Manfred Wünsche, Träume hat? „Ich bin kein Illusionist. Ich habe keine Chance. Punkt. Wir sind Ausgestoßene. Es ist so beschämend, immer als Bittsteller da stehen zu müssen. Aber wir, und wir sind viele Menschen in Österreich, sind den Politikern einfach egal. Wir haben keine Lobby. An uns denkt niemand.“

Wie er und sein Sohn den Heiligen Abend verbracht haben? „Das war ein Tag wie jeder andere für uns.“ Ohne Baum, ohne Geschenke…

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