ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz hat seinen Plan für die EU-Wahl bereits mehrmals angedeutet, jetzt hat er ihn offiziell gemacht: Bei den Türkisen wird es ein Vorzugsstimmensystem geben. Das Kalkül dahinter ist klar: Die Wahl zum Europäischen Parlament im kommenden Jahr gilt nicht gerade als großer Reißer, das Interesse ist überschaubar. Deshalb sollen sich die Kandidaten ganz besonders anstrengen. Nur wer genügend Wähler mobilisiert, wird auch mit einem Abgeordneten-Ticket belohnt.
Noch geben sich die Türkisen bei ihrem Spitzenkandidaten bedeckt. Die Zeichen stehen jedoch auf den langjährigen EU-Profi Othmar Karas. Kein leichter Schritt für Kanzler Kurz, fällt Karas doch immer wieder mit Kritik an der Regierung, und zwar auch an den eigenen Reihen, auf. Aber gerade wenn es um Vorzugsstimmen geht, macht Karas so schnell niemand etwas vor.
Kritiker, aber auch profunder EU-Kenner
Im Jahr 2009 setzte die ÖVP Othmar Karas kurzerhand den ehemaligen Innenminister Ernst Strasser als Spitzenkandidat vor die Nase. In Karas erwachte der Kampfgeist, er holte zum Gegenschlag aus und blamierte die Partei mit mehr als 112.000 Vorzugsstimmen. Karas passt mit seinen 61 Jahren zwar nicht mehr ganz ins Bild der jungen türkisen Truppe, die in Wien weiterhin im Aufwind ist, aber gleichzeitig steht er für einen klaren proeuropäischen Kurs, und er ist ein profunder Kenner des Brüsseler Polit-Parketts.
Gerüchte über NEOS-Kontakte
Genau dieses proeuropäische Auftreten und seine klare Haltung gegen rechts machen Karas über die ÖVP-Parteigrenzen hinaus wählbar. Gerüchte, dass Karas bei den NEOS andocken könnte, waren wohl nicht völlig aus der Luft gegriffen. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger war einst Karas‘ Mitarbeiterin. Mittlerweile haben sich die NEOS jedoch auf Claudia Gamon als Spitzenkandidatin geeinigt.
Berechtigte Sorge vor eigener Liste
Bleibt also noch eine eigene Liste als mögliche Alternative für Karas, sollte er bei der ÖVP nicht zum Zug kommen. Direkt darauf angesprochen, hat der EU-Politiker dies nie ausgeschlossen. Eine solche Liste könnte die ÖVP viele Stimmen kosten, das weiß auch Sebastian Kurz.
Doris Vettermann, Kronen Zeitung/krone.at
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.