Die Österreichische Post kennt nicht nur Ihre Wohnadresse. Sie erhebt auch, wie Sie leben, lieben, einkaufen - und welcher Partei Sie vermutlich Ihre Stimme geben werden.
Bewohnerin S. wohnt in Wien-Hernals, ist Mitte 30. Sie ist Single, bereits mehrmals umgezogen, bestellt gerne bei Online-Händlern und kauft Bio-Produkte. Karitative Spenden sind nicht so ihr Fall, grillen in der Freizeit jedoch schon. Und: Sie hat eine „sehr hohe Affinität zur FPÖ".
So sehen typischerweise die Profile aus, die die Österreichische Post AG über mehr als drei Millionen Österreicher angelegt hat. Das hat ein Datenansuchen der Rechercheplattform „Addendum“ ergeben. Die Profile werden laufend berechnet, zugekauft, übereinandergelegt und verglichen, bis sich ein möglichst genaues Bild des einzelnen Kunden ergibt. Besonders brisant ist dabei, dass den Personen eben auch eine Parteinähe zugerechnet wird - und diese Daten dann verkauft werden.
Bedenklich, wenn nicht sogar illegal
Eine Praxis, die von Juristen wie dem Datenschutzexperten Axel Anderl als bedenklich eingestuft wird. „Mutmaßungen über die politische Orientierung zu verkaufen - diese Art der Verwendung spricht dafür, dass wir hier genau im Verbotsbereich sind“, so der Rechtswissenschaftler. So hat die SPÖ etwa im Zuge des Nationalratswahlkampfes 2017 den Gesamtbestand der Postadressen erworben, inklusive Anschrift und Interessensprofile von rund drei Millionen Österreichern.
Auf deren Basis könnte man Wahlwerbung gezielter verschicken und Hausbesuche besser koordinieren. „Alle Datenempfänger haben der Österreichischen Post AG vertraglich zugesichert, die Daten ausschließlich zu Marketingzwecken zu verwenden“, erklärt die Post gegenüber der „Krone“ die Vorgehensweise.
Lukratives Geschäft für die Post
Aber auch ÖVP, Grüne, NEOS und Unternehmen wie IKEA oder der Verbund, die ihre Zielgruppe noch genauer beschicken wollen, kaufen Daten im großen Stil. Für die Post dem Vernehmen nach ein gutes Geschäft: Alleine der Verkauf von Adressen soll einen Jahresumsatz in Millionenhöhe bedeuten.
Das Beispiel oben zeigt einen von rund drei Millionen Datensätzen, die die Post über ihre Kunden anlegt. Wo es geht, wird mittels Hochrechnung, Statistik, Umfragen, aber auch persönlicher Angaben in Gewinnspielen ein möglichst genaues Bild des Kunden gezeichnet. Der Faktor „Parteiaffinität“ ist dabei der umstrittenste - zählt er doch zu einer besonders geschützten Datenkategorie. Die Post rechtfertigt sich: Es handle sich bloß um Wahrscheinlichkeitswerte, es würden keine „tatsächliche politische Einstellung, Meinung oder das tatsächliche Wahlverhalten abgebildet“.
Ob jemand von der Post als ÖVP-, SPÖ-, FPÖ-, Grüne- oder NEOS-affin eingeschätzt wird, kann man ganz einfach selbst herausfinden.
So kommen Sie zu Ihren Daten:
Mehr dazu finden Sie auf addendum.org.
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