Winter ist Schnupfenzeit - und damit für Ärzte jene Jahreszeit, in der viele Menschen mit klassischen Erkältungssymptomen in die Sprechstunden kommen, um sich eine Krankmeldung zu holen. Ein Start-up aus Hamburg will Patienten diesen Weg nun ersparen und bietet gegen einen Preis von neun Euro telemedizinische Dienste inklusive Krankschreibung per WhatsApp an. Das Interesse ist noch verhalten, von deutschen Ärztevertretern hagelt es aber bereits Kritik.
Seit rund zwei Wochen bietet die Hamburger Firma AU-Schein die WhatsApp-Krankschreibung an. Laut einem „Heise“-Bericht ist das Interesse bisher eher verhalten. Nur rund ein Dutzend Patienten hätten das telemedizinische Angebot genutzt. Allen wurde eine Krankmeldung ausgestellt, bei zweien habe man dafür Rücksprache mit der zuständigen Betriebsärztin gehalten. Die meisten Patienten kamen dem Bericht zufolge aus Hamburg und Umgebung, ein Patient stammte aus Berlin.
Skepsis „schon aus datenschutzrechtlichen Gründen“
Bei Ärztevertretern stößt das Angebot auf große Skepsis. Die Ärztekammern Hamburg und Schleswig-Holstein raten explizit von der Nutzung der WhatsApp-Krankschreibung ab - „allein schon aus datenschutzrechtlichen Gründen“. Aber auch die rechtliche Grundlage sei noch nicht hinreichend geklärt.
Doch die Firma, die ihre telemedizinischen Dienste anbietet, sieht sich im Recht. Wer ein Online-Formular ausfüllt und dort seine Erkältungssymptome schildert, wird anschließend via WhatsApp mit einer für die Firma tätigen Privatärztin ohne eigene Praxis oder Kassenzulassung vernetzt, die nach Abfrage der persönlichen Daten inklusive Foto der Versicherungskarte die Krankschreibung ausstellt.
Krankmeldung kommt via WhatsApp und per Post
Der eigentliche Krankenschein wird dann sowohl als Foto via WhatsApp, als auch mit der Post an die Adresse des Patienten zugestellt. Weil die WhatsApp-Kommunikation verschlüsselt ablaufe, entspreche man dabei auch der vergangenes Jahr in Kraft getretenen Datenschutz-Grundverordnung, heißt es vonseiten der Firma.
Möglich gemacht hat den WhatsApp-Krankenstand eine Lockerung des Fernbehandlungsverbots in Deutschland, das die Erbringung telemedizinischer Dienste erleichtern sollte. Hinzu kommt, dass die Krankenkassen Krankschreibungen auch dann anerkennen müssen, wenn diese von einer Privatärztin ohne Kassenzulassung ausgestellt werden. Gerade eine Erkältung sei in diesem Zusammenhang ideal für die telemedizinische Krankmeldung, da diese für den Arzt ob der bekannten Symptome in aller Regel ohne persönlichen Kontakt diagnostizierbar sei, so AU-Schein.
Ärztekammer warnt vor WhatsApp-Krankmeldung
In den Ärztekammern sieht man das anders. „Ich sehe schon einen Unterschied zwischen einer Fernbehandlung und der Fernausstellung eines Dokuments“, sagt Carsten Leffmann von der Ärztekammer Schleswig-Holstein, der bei der Telemedizin generell von der Nutzung globaler Firmen wie WhatsApp oder Skype abrät.
Hinzu kommt, dass sicher nicht jeder Arbeitgeber eine WhatsApp-Krankmeldung anerkennt. Flattert eine von einer Privatärztin via WhatsApp ausgestellte Krankmeldung in eine Personalabteilung, kann es gut sein, dass die Verantwortlichen diese nicht akzeptieren. „Dann muss das letztlich vor einem Arbeitsgericht entschieden werden“, sagt Nicola Timpe von der Hamburger Ärztekammer.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.