Politikerdaten gehackt
Amt für IT-Sicherheit wusste seit Wochen Bescheid
Nächster Aufreger im Fall des massiven Diebstahls persönlicher Daten von deutschen Politikern und Prominenten: So hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bereits seit Wochen Kenntnis von den Vorgängen gehabt, wie jetzt bekannt wurde. Doch nicht einmal das Bundeskriminalamt (BKA) wurde informiert, wie aus einem BKA-Schreiben hervorgeht. Auch der BSI-Präsident gab am Freitag zu: „Wir haben schon im Dezember mit Betroffenen gesprochen.“ Ein Datenschutzexperte kritistert nun genau diese Informationspolitik der deutschen Behörden.
Der Hackerangriff auf deutsche Politiker und Prominente könnte nach Einschätzung des Hamburger Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar womöglich aus dem Ausland gesteuert worden sein. „Es ist wahrscheinlich, dass es sich um eine politisch motivierte Gruppe handelt, die möglicherweise aus dem Ausland gesteuert wird“, sagte Caspar dem „Handelsblatt“ vom Samstag.
Der Umfang der gehackten Daten sei immens. „Auch wenn keine öffentlich relevanten Informationen betroffen sein sollten, ist der Schaden, der mit der Veröffentlichung persönlicher Informationen für den einzelnen Betroffenen entstehen kann, gleichwohl erheblich“, sagte Caspar. „Daten, die einmal in das Netz gestellt wurden, lassen sich dort kaum mehr beseitigen.“ Die Nutzung von unterschiedlichen Plattformen, die freie Zugänglichkeit und die Kopierbarkeit erschwerten dies.
„Information wäre angebracht“
Caspar kritisierte in diesem Zusammenhang die Informationspolitik der deutschen Sicherheitsbehörden. „Wenn bei den Bundesbehörden bereits bekannt war, dass es diesen Hack gibt, wäre es angebracht gewesen, die Datenschutzbehörden hiervon zeitig in Kenntnis zu setzen“, sagte er.
Der Präsident des BSI, Arne Schönbohm, sagte am Freitag gegenüber dem TV-Sender Phoenix: „Wir haben schon sehr frühzeitig im Dezember auch schon mit einzelnen Abgeordneten, die hiervon betroffen waren, dementsprechend gesprochen.“ Es seien auch Gegenmaßnahmen eingeleitet worden. Unter anderem sei ein Spezialteam für Hilfestellungen bei Betroffenen (Mobile Incident Response Team) losgeschickt worden. „Von daher gab es schon frühzeitig bestimmte Aktionen“, so Schönbohm.
„Gibt es etwas zu verbergen?“
Diese Informationspolitik stößt allerdings auch bei Politikern auf Unverständnis: „Das Bundesamt muss seine Vorgehensweise darlegen und kritisch überprüfen“, wunderte sich FDP-Digitalpolitiker Manuel Höferlin. Auch Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch reagierte empört: „Angesichts der Dimension dieses Datenklaus ist die Nichtinformation von Partei- und Fraktionsvorsitzenden durch die Behörden völlig inakzeptabel. Gibt es etwas zu verbergen?“
Einer der Hauptbetroffenen der Attacke, der Grünen-Politiker Konstantin von Notz, forderte ein Umdenken in der deutschen Sicherheitspolitik. „Wir brauchen ein stärkeres Bewusstsein, dass diese Frage der IT-Sicherheit für eine Demokratie im Zeitalter der Digitalisierung konstituierend ist“, sagte der Vizefraktionschef.
Persönliche Daten und Chats veröffentlicht
Am Donnerstagabend war bekannt geworden, dass ein Unbekannter über ein Twitter-Konto im Dezember massenweise persönliche Daten veröffentlicht hat, darunter Handynummern und private Chat-Protokolle. Hunderte deutsche Politiker im Bund, in den Ländern und in den Kommunen sind betroffen, darunter Kanzlerin Angela Merkel und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (beide CDU). Auch Daten von Schauspielern und Journalisten wurden veröffentlicht.
Nur AfD-Politiker nicht betroffen
Allein von CDU und CSU fanden sich 410 Namen auf der online veröffentlichten Liste. Laut Bundesinnenministerium gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass Politiker der AfD betroffen sind. Sie wäre damit als einzige im Bundestag vertretene Partei verschont geblieben.
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