Asyl für Lehrlinge

Haimbuchner rudert zurück: „Wurde missverstanden“

Österreich
05.01.2019 18:25

Der stellvertretende FPÖ-Bundesparteiobmann und oberösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner hat sich in einem Interview für Asyl während der Lehre ausgesprochen - und damit am Samstag für Verwirrung gesorgt. Denn Straches Vize wich mit seinen Aussagen gegenüber dem Nachrichtenmagazin „profil“ von der Regierungslinie ab. FP-Generalsekretär Harald Vilimsky widersprach seinem Parteikollegen auch umgehend - und Haimbuchner selbst hielt noch am Samstag eine Klarstellung für angebracht. Auch bei der ÖVP wurden indes am Wochenende Meinungsverschiedenheiten in der Frage deutlich: Hatte sich zuletzt Parteigrande Erwin Pröll für „Ausbildung statt Abschiebung“ ausgeprochen, sieht seine Nachfolgerin, Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, in der Lehre keinen Grund für Asyl.

Asylwerber, die eine Lehre absolvieren, sollten diese trotz negativen Asylbescheids „fertig machen dürfen. Das gibt der Rechtsstaat her“, sagt Haimbuchner gegenüber „profil“. „Ich will niemanden aus der Lehre nehmen“, wird er im Interview in der Sonntag erscheinenden Ausgabe des Nachrichtenmagazins zitiert. Danach müssten die Asylwerber aber „umgehend zurück in die Heimat“.

FPÖ-Landeschef Manfred Haimbuchner mit Vizekanzler Heinz-Christian Strache (Bild: FOTOKERSCHI.AT/KERSCHBAUMMAYR)
FPÖ-Landeschef Manfred Haimbuchner mit Vizekanzler Heinz-Christian Strache

Wie er im Ö1-„Mittagsjournal“ am Samstag weiter ausführte, gehe es nur um wenige Fälle, denn inzwischen dürften Asylwerber keine Lehre mehr beginnen. Ein generelles Bleiberecht ist für Haimbuchner „ein No-Go“. Einwanderung von Fachkräften sei „notwendig für den Wirtschaftsstandort“. Die Zugangskriterien für den Erhalt einer Rot-Weiß-Rot-Karte hält er für „zu streng“.

Rudolf Anschober, Grüne (Bild: Harald Dostal)
Rudolf Anschober, Grüne

Grüner Landesrat Anschober sieht „Bewegung an der FPÖ-Spitze“
Der oberösterreichische Landesrat Rudi Anschober (Grüne), der im Dezember 2017 die Initiative „Ausbildung statt Abschiebung“ gestartet hatte und die mittlerweile auch von ÖVP-Vertretern - etwa Erwin Pröll (siehe Video unten) - unterstützt wird, stellte in einer Aussendung fest: „Nun scheint es erstmals auch Bewegung an der Spitze der FPÖ zu geben.“

„Jetzt muss der Bundeskanzler endlich handeln, die bisherige Gesprächsverweigerung beenden und zu einer Gesprächsrunde zum Suchen nach einer Lösung der Menschlichkeit und der wirtschaftlichen Vernunft einladen“, so Anschober. Pragmatische Lösungen seien in diesem Sinn „bei vorhandenem politischen Willen einfach zu finden“.

FPÖ-General Vilimsky widerspricht Haimbuchner
Allerdings trat bei der FPÖ am Samstag umgehend der Widerspruch zu Haimbuchners Aussagen zutage. Generalsekretär Vilimsky betonte, dass rechtskräftig abgelehnte Asylwerber abgeschoben werden und eine Lehre damit abgebrochen wird. Daran sei weder zu rütteln, noch könne daran herumgedeutet werden, so Vilimsky in einer Aussendung. In der Ablehnung eines generellen Bleiberechts stimmt Vilimsky hingegen mit seinem oberösterreichischen Parteikollegen überein - über die Hintertür dürfe es zu keiner Aufenthaltsverfestigung kommen, so der Generalsekretär.

Harald Vilimsky, FPÖ (Bild: APA/dpa/Thomas Frey)
Harald Vilimsky, FPÖ

Wenig später ruderte dann Haimbuchner selbst zurück und stellte in einem Facebook-Posting klar: „Asylwerber, die einen rechtskräftig negativen Asylbescheid haben, müssen zurück in ihre Heimat. Jene Asylwerber, die zwar einen negativen Bescheid haben, dieser aber noch nicht rechtskräftig ist, sollen ihre Lehre fertig machen dürfen. Zumindest so lange, bis ihre Verfahren abgeschlossen sind.“ Zudem erklärte Haimbuchner im Gespräch mit dem ORF-Radio, er habe „keinen Sinneswandel“ (in der Asylfrage bei Lehrlingen) gehabt, er sei „missverstanden worden“.

Für Mikl-Leitner ist Lehre kein Grund für Asyl
Erwin Prölls Nachfolgerin in Niederösterreich, Johanna Mikl-Leitner, sprach sich allerdings am Samstag im Interview mit dem „Kurier“ gegen die Lehre als Asylgrund aus. Konkret gefragt, ob Asylwerber, die eine Lehre begonnen haben, nicht abgeschoben werden sollen, sagte die Ex-Innenministerin: Dies sei zwar „menschlich nachvollziehbar“, es gehe aber auch um die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats. „An meiner Position hat sich daher nichts geändert … Es kann nicht sein, dass eine Lehre als Hintertür genutzt wird, wenn rechtsstaatlich festgestellt wurde, dass es keinen Asylgrund gibt. So wird der Staat unglaubwürdig, vor allem gegenüber unseren Landsleuten.“

Johanna Mikl-Leitner, ÖVP (Bild: APA/HERBERT PFARRHOFER)
Johanna Mikl-Leitner, ÖVP

SPÖ-General ortet „Chaos in der FPÖ“
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda wies indessen auf völlig widersprüchliche Positionen seitens der FPÖ in der Frage der Lehre für Asylwerber hin. „In der FPÖ herrscht offenbar Chaos“, konstatierte Drozda, der Parteiobmann Heinz-Christian Strache gefordert sieht, „für eine einheitliche Linie in seiner Partei zu sorgen“. Allerdings schien auch bei der SPÖ Verwirrung darüber zu herrschen, wie die Aussagen der Freiheitlichen zu interpretieren sind.

Thomas Drozda, SPÖ (Bild: APA/HANS PUNZ)
Thomas Drozda, SPÖ

Fakt sei Drozda zufolge: Von Asylwerbern in der Lehre würden beide Seiten profitieren. Einerseits die jungen Asylwerber, die eine Ausbildung bekommen und eine sinnvolle Beschäftigung haben, und andererseits die Wirtschaft, die unter Fachkräftemangel leidet, erklärte der SPÖ-General. Und er betonte: „Jungen, arbeitswilligen Asylwerbern sollte die Möglichkeit gegeben werden, eine Ausbildung zu absolvieren. Tausende Unternehmer unterstützen diesen Vorstoß.“

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