Brexit-Schicksalstag
May kämpft: EU-Deal, oder das Königreich zerbricht
Die britische Premierministerin Theresa May hat wenige Stunden vor dem Brexit-Schicksalstag ein Auseinanderbrechen des Vereinigten Königreichs im Fall eines EU-Austritts ohne Abkommen in dem Raum gestellt. Ein „No-Deal-Brexit“ würde die Anhänger der schottischen Unabhängigkeit und des Zusammenschlusses von Nordirland und Irland stärken, warnte May am Montagabend im Parlament. „Das ist die eigentliche Bedrohung für unsere Union“, so May.
Die Regierungschefin forderte die Abgeordneten eindringlich dazu auf, dem mit der EU ausgehandelten Abkommen eine zweite Chance zu geben. Sie muss am Dienstag mit einer krachenden Niederlage rechnen, wenn das Parlament am Abend über das Austrittsabkommen abstimmt. Etwa 100 Abgeordnete ihrer eigenen Fraktion haben sich dagegen ausgesprochen.
(Abschieds-)Briefe aus Brüssel
Am Montag versuchte sie, die Abgeordneten mit erneuten Zusicherungen aus Brüssel zu überzeugen. EU-Ratspräsident Donald Tusk und -Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatten zuvor in einem Brief an die Premierministerin versucht, Bedenken im britischen Parlament gegen das Austrittsabkommen auszuräumen. In der Substanz ändert der neue EU-Brief allerdings nichts, denn Juncker und Tusk halten gleich zu Beginn fest: „Wie Sie wissen, sind wir nicht in der Lage, irgendetwas zuzustimmen, das das Austrittsabkommen ändert oder nicht mit ihm übereinstimmt.“
In der EU wird aktuell freilich eine Verschiebung des Brexits über das vorgesehene Datum 29. März hinaus für möglich gehalten. Es gibt auch Stimmen, die die Hoffnung äußern, dass Großbritannien überhaupt Mitglied bleibt. Mehr als 100 EU-Abgeordnete richteten in einem offenen Brief einen emotionalen Appell an die Briten: „Wir bitten darum, im Interesse der nächsten Generation den Austritt zu überdenken“, heißt es in dem Papier. Bei einer Abkehr vom Brexit würde man zusammen daran arbeiten, „die EU zu reformieren und zu verbessern, sodass sie besser im Sinne aller Bürger funktioniert“.
Abgeordnete verschiebt Kaiserschnitt zugunsten von Abstimmung
Kurioses Detail am Rande: Für die schicksalsschwere Abstimmung verschiebt die Labour-Abgeordnete Tulip Siddiq die Geburt ihres Kindes. Ärzte hätten ihr geraten, am Dienstag einen Kaiserschnitt durchzuführen, berichtete der „Evening Standard“. Der Eingriff soll nun auf Donnerstag verschoben werden, Siddiq wolle sich von ihrem Mann im Rollstuhl ins Parlament bringen lassen, um an dem Votum teilzunehmen. „Selbst wenn mein Sohn später als von den Ärzten empfohlen das Licht der Welt erblickt, aber dies eine Welt mit besseren Chancen für eine solide Beziehung zwischen Großbritannien und Europa ist, dann lohnt es sich, dafür zu kämpfen“, sagte die 36-Jährige.
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