Jene 47-Jährige, die ihren Ex-Ehemann im August 2018 an einem Bahnhof in Niederösterreich mit einem Messer angegriffen hat, ist am Freitag in Korneuburg von einem Schwurgericht rechtskräftig wegen versuchter schwerer Körperverletzung zu zwei Jahren Haft - acht Monate davon unbedingt - verurteilt worden. Die Hauptfrage nach versuchtem Mord wurde von den Laienrichtern einstimmig verneint.
Der 32 Jahre alte ehemalige Mann der Beschuldigten hatte laut Anklage sein Besuchsrecht ausgeübt und die beiden gemeinsamen Kinder am Abend des 12. August mit dem Zug zurückgebracht. Am Bahnhof übergab er den Nachwuchs seiner Ex-Schwiegermutter, die von der 47-Jährigen beauftragt worden war, die Kinder abzuholen. Sie selbst hatte nach Angaben der Staatsanwaltschaft zuvor in einem Heurigenlokal „fünf bis sechs weiße Spritzer“ getrunken und 0,54 Promille Alkohol im Blut gehabt.
Dennoch fuhr die Angeklagte zum Bahnhof. Als die Kinder weg waren, soll die Beschuldigte sich an ihren Ex herangeschlichen haben. Der 32-Jährige bemerkte sie und ging auf die Frau zu. „Er hat mich gefragt, was ich in der Tasche habe und ob ich eine Pistole mithabe“, sagte die 47-Jährige. „Ich war momentan sprachlos, habe eigentlich gar nicht reagiert.“ Ein Streitgespräch entwickelte sich. Im Zuge dessen zog die Beschuldigte laut Anklage das Messer mit einer Klinge von etwa 15 Zentimetern aus der Handtasche und stach in Richtung des Brustbereichs des Mannes.
Abwehrverletzung erlitten
Das Opfer wehrte den Angriff mit der rechten Hand ab. Dabei erlitt der 32-Jährige laut medizinischem Gutachten eine Schnittwunde an der rechten Handfläche sowie eine minimale Schnittverletzung an der Beugeseite des rechten Daumens. Im Anschluss lief der 32-Jährige davon und suchte Zuflucht in einem Haus in Bahnhofsnähe. Die 47-Jährige verfolgte ihren Ex - warum sie das tat, war ihr bei der Befragung selbst nicht klar. „Das war wie in einem Film“, sagte die Angeklagte.
Später stellte sie sich der Polizei und legte dort zum Mordversuch „im Grunde ein Geständnis“ ab, wie die Staatsanwältin in ihrem Schlussvortrag feststellte. Die Beschuldigte habe „Wut, Hass und Verzweiflung“ als Motiv vorgegeben. Verteidiger Andreas Schweitzer verwies darauf, dass sich die Angeklagte zu diesem Zeitpunkt in einer „extrem belastenden Situation“ befand. „Da ist es wohl legitim, zu sagen, mir ist alles wurscht, ich sage alles.“ Vor Gericht räumte die 47-Jährige ein, ihren Ex verletzt zu haben. Das Opfer entschlug sich und wurde deshalb am Freitag nicht befragt.
Die Geschworenen verneinten die Hauptfrage nach versuchtem Mord einstimmig, bei der Eventualfrage nach versuchter absichtlicher schwerer Körperverletzung herrschte Gleichstand. Sechs der acht Laienrichter beantworteten die Eventualfrage nach versuchter schwerer Körperverletzung mit „Ja“.
Haft aus generalpräventiven Gründen
Bei der Strafbemessung wirkten sich laut dem vorsitzenden Richter das Geständnis zur versuchten schweren Körperverletzung und der bisher ordentliche Lebenswandel der 47-Jährigen mildernd aus. Da Messermorde „dieser Tage in aller Munde sind“, sei es aus generalpräventiven Gründen notwendig gewesen, einen Teil der Strafe in Vollzug zu setzen. „Acht Monate sind aber genug, um der Angeklagten vor Augen zu führen, dass es wirklich nicht geht, dass man Konflikte mit dem Messer austrägt“, hielt der Richter fest.
Die Vorhaft von rund sechs Monaten, die die 47-Jährige seit dem Vorfall im Bezirk Hollabrunn bereits verbüßte, werden auf den unbedingten Teil der Haftstrafe angerechnet. Sowohl die Staatsanwältin als auch der Verteidiger verzichteten auf Rechtsmittel.
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