Noch immer tauchen viele rechtliche Probleme auf, wenn kriminelle Ausländer Österreich zwangsweise verlassen sollen. Doch Justiz und Politik schaffen jetzt immer vielfältigere Programme für Rückführungen.
Wenn Ausländer schwere Straftaten begehen, wird die Forderung nach schneller Abschiebung erhoben. Doch die Verantwortlichen sind an ein dichtes Geflecht zwischen Menschenrechtskonvention, EU-Bestimmungen sowie Entscheidung des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes gebunden.
Recht bleibt Recht, für jeden
An einem fiktiven Fall wollen wir die Probleme aufzeigen: Ein Staatsbürger eines außereuropäischen Landes wird wegen Vergewaltigung zu sechs Jahren verurteilt. Straftäter A war nicht geständig und das Opfer hat schwere Dauerfolgen erlitten. Er unterliegt der heimischen Strafjustiz und wird wie ein Österreicher behandelt. Recht bleibt Recht, für jeden. Eine Abschiebung wäre erstmals möglich, wenn der Heimatstaat sich bereit erklärt, den Häftling zur Strafverbüßung zu übernehmen. Doch bei kaum mehr als hundert Häftlingen war dies 2018 möglich. In unserem angenommenen Fall scheidet diese Möglichkeit aus.
Noch mehr als 30.000 Verfahren offen
Nächster wichtiger Zeitpunkt: die Hälfte der Strafe. Hier kann der Häftling entlassen werden, wenn er einem Aufenthaltsverbot in Österreich zustimmt. In 482 Fällen wurde dies 2018 bewilligt. Für Häftling A kommt dies auch nicht infrage, weil eine Entlassung nach der Hälfte bei Sexualdelikten ausgeschlossen ist. Dann unterliegt die bedingte Entlassung den allgemeinen Vorschriften. Oft erfolgt sie nach drei Vierteln der Strafe, für Sextäter manchmal später. Vor der Türe des Gefängnisses wartet meist die Asylbehörde, die den Täter direkt in die Schubhaft bringt. Denn während der Strafhaft läuft das fremdenrechtliche Verfahren. Doch beim Bundesverwaltungsgericht, das für Asylverfahren zuständig ist, stapeln sich die Akten. Derzeit sind noch mehr als 30.000 Verfahren offen.
12.611 Personen verließen 2018 unser Land
2018 haben 12.611 Personen das Land verlassen, etwa die Hälfte ging freiwillig. In 42 Prozent der Fälle waren strafrechtliche Verurteilungen ausschlaggebend. In einigen Fällen freilich ist all die Mühe vergebens, wenn eine Abschiebung nicht möglich ist. Dies ist dann der Fall, wenn ein Täter seine Strafe abgesessen und er den Aufenthaltsstatus laut Bescheid verloren hat, er von seinem Heimatland aber nicht übernommen wird. Das passiert immer wieder, auch wenn die Nationalität unklar ist. Und weil die Leute dann in Österreich bleiben müssen, erhalten sie eine Art Duldungsstatus. Abschiebungen sind also eine komplexe Angelegenheit in rechtlich sehr engen Grenzen.
„Haft in der Heimat“: Justiz will Projekt fördern
„Haft in der Heimat“ - unter diesem Schlagwort will die Justiz fördern, dass ausländische Täter ihre Strafe im Ursprungsland verbüßen müssen. Doch 2018 waren es nur etwas mehr als hundert Gefangene, die so abgeschoben werden konnten. Mit EU-Staaten, aber auch Serbien funktioniert der Austausch problemlos. Doch in außereuropäischen Ländern stehen dem die teils nicht menschrechtskonformen Haftbedingungen entgegen. Die Justiz muss nämlich prüfen, unter welchen Umständen ein Häftling einsitzt.
Aufenthaltsverbot bei Enthaftung nach Strafhälfte
Nach Paragraf 133a des Strafvollzugsgesetzes kann ein Häftling nach der Hälfte der Strafe entlassen werden. Gleichzeitig wird er mit einem Aufenthaltsverbot belegt und muss in die Heimat fahren. Was nicht ausschließt, dass der eine oder andere wieder zurückkehrt - manchmal binnen einer Woche. 2018 wurden von etwa 1000 Anträgen nur die Hälfte bewilligt. Manchmal wurde abgelehnt, weil der Häftling schon einmal die schnelle Enthaftung nicht zu schätzen wusste und illegal nach Österreich zurückgekehrt ist.
85 Charterflüge brachten Flüchtlinge in Heimat zurück
Jene Männer, die in der Silvesternacht 2015 in der Wiener Innenstadt eine Frau in eine Wohnung verschleppten und vergewaltigten, wurden zu neun bis 13 Jahren Haft verurteilt. Möglicherweise können die Täter, die hauptsächlich aus dem Irak stammen, abgeschoben werden. So wie 800 Landsleute, die laut Statistik im Jahr 2017 zur Ausreise gezwungen wurden. Insgesamt wurden Flüchtlinge in 85 Charterflügen, teils gemeinsam mit anderen EU-Staaten, außer Landes gebracht. Die Flieger steuerten 18 Destinationen an.
Daten und Fakten zu den Abschiebungen
Wesentlichster Grund für eine zwangsweise Abschiebung ist das Begehen eines „besonders schweren Verbrechens“. Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fallen darunter Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, bewaffneter Raub und Drogenhandel. Betrug oder Seriendiebstähle zählen nicht dazu. Für die Abschiebung müssen die Gerichte beachten, dass ein Flüchtling bei der Rückkehr weder Folter noch Todesstrafe oder einer „erniedrigenden Behandlung“ ausgesetzt ist. Die Menschenrechtskonvention sieht das vor.
Peter Grotter, Kronen Zeitung
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