Verletzte bei Protest

Nationalisten-Wut gegen „Nord-Mazedonien“

Ausland
21.01.2019 09:08

Zurückgetretene Minister, Todesdrohungen gegen Parlamentarier und nun auch gewaltsame Ausschreitungen in Athen - vor der Parlamentsabstimmung über die Einigung zwischen der griechischen und der mazedonischen Regierung auf einen neuen Namen der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik herrscht Aufruhr in Griechenland. Weil sie den Namen „Mazedonien“, der auch in der künftigen Bezeichnung „Republik Nord-Mazedonien“ vorkommt, als ihr nationales Erbe betrachten, sind am Sonntag Zehntausende Menschen in Athen auf die Straße gegangen, um gegen das Vorhaben der Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras zu protestieren. Dabei kam es zu Straßenschlachten zwischen Gewaltbereiten und der Polizei. Auf beiden Seiten gab es Verletzte.

An der nationalistischen Massenkundgebung auf dem Syntagma-Platz vor dem Parlament beteiligten sich nach Angaben der Organisatoren 100.000 Menschen. Die Polizei ging von etwa 60.000 Demonstranten aus. Diese trafen mit Hunderten Bussen aus allen Teilen des Landes ein, vor allem aus den Grenzgebieten in Nordgriechenland. Der Syntagma-Platz war in ein Meer blau-weißer griechischer Fahnen getaucht. Auf einem großen Transparent wurde ein Volksentscheid über den neuen Landesnamen Mazedoniens gefordert.

Diese Demonstranten versuchen, den Schutzring vor dem Parlament in Athen zu durchbrechen. (Bild: AP)
Diese Demonstranten versuchen, den Schutzring vor dem Parlament in Athen zu durchbrechen.
Für diese Griechen steht außer Frage: „Mazedonien ist Griechenland.“ (Bild: AP)
Für diese Griechen steht außer Frage: „Mazedonien ist Griechenland.“

Zu den Hauptveranstaltern der Demonstration gehörte das „Kampfkomitee für Mazedoniens Griechentum“. Mobilisiert hatte auch die Neonazi-Partei Goldene Morgenröte (Chryssi Avghi). Griechisch-orthodoxe Kirchengruppen und Popen beteiligten sich ebenfalls daran. Die Polizei war mit 2000 Beamten, Drohnen und Hubschraubern im Einsatz. Polizisten setzten Tränengas gegen etwa 30 vermummte Demonstranten ein, die in der Nähe des Denkmals für den unbekannten Soldaten mit Gegenständen warfen und versuchten, die Absperrung zum Parlament zu durchbrechen.

Laut den Veranstaltern nahmen bis zu 100.000 Menschen an der Demonstration teil. Die Polizei sprach hingegen von 60.000 Demonstranten. (Bild: AP)
Laut den Veranstaltern nahmen bis zu 100.000 Menschen an der Demonstration teil. Die Polizei sprach hingegen von 60.000 Demonstranten.

Regierung macht Neonazis für Gewalt verantwortlich
Die griechische Regierung machte die Goldene Morgenröte für die Ausschreitungen verantwortlich. Mitglieder der Neonazi-Partei hätten mit Knüppeln auf Polizisten eingeschlagen. Nach Angaben des Ministeriums für Bürgerschutz wurden mindestens zehn Polizisten verletzt. Rettungskräften zufolge mussten zwei Demonstranten wegen Atembeschwerden ins Krankenhaus eingeliefert werden. Auch Fotografen und Kameramänner wurden attackiert, wie ein AFP-Fotograf berichtete. Ein Journalist musste nach einem Angriff zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht werden, wie aus Pressekreisen verlautete. Demnach war er von Anhängern der Goldenen Morgenröte angegriffen worden.

Die Polizei setzte Tränengasgranaten gegen die Demonstranten ein. Mehrere Menschen mit Atembeschwerden mussten behandelt werden. (Bild: APA/AFP/Louisa GOULIAMAKI)
Die Polizei setzte Tränengasgranaten gegen die Demonstranten ein. Mehrere Menschen mit Atembeschwerden mussten behandelt werden.
Die Demonstranten waren auch mit Kreuzen und Flaggen der griechischen Provinz Mazedonien „bewaffnet“. (Bild: APA/AFP/Louisa GOULIAMAKI)
Die Demonstranten waren auch mit Kreuzen und Flaggen der griechischen Provinz Mazedonien „bewaffnet“.
(Bild: APA/AFP/Louisa GOULIAMAKI)
Mit Molotowcocktails und Steinen gingen Vermummte auf die Sicherheitskräfte los. (Bild: AP)
Mit Molotowcocktails und Steinen gingen Vermummte auf die Sicherheitskräfte los.

Ex-Ministerpräsident: „Demonstration für unser Recht“
Die Oppositionsparteien, die den von Regierungschef Tsipras ausgehandelten Namenskompromiss ablehnen, hatten nicht offiziell zu der Kundgebung aufgerufen. Sie stellten es vielmehr ihren Anhängern anheim, sich daran zu beteiligen. Einige Abgeordnete der konservativen Nea Dimokratia waren vor Ort, unter ihnen der ehemalige Ministerpräsident Antonis Samaras. Er sprach von einer „Demonstration für die Demokratie, für Griechenland, für unser Recht“.

Ministerpräsident Alexis Tsipras hofft auf genügend Stimmen im Parlament, um sein Namensabkommen mit Mazedonien durchzubringen. (Bild: APA/AFP/Louisa GOULIAMAKI)
Ministerpräsident Alexis Tsipras hofft auf genügend Stimmen im Parlament, um sein Namensabkommen mit Mazedonien durchzubringen.

Angst vor „Mazedonien“: Griechen befürchten Gebietsansprüche
Der Namensstreit belastet die Beziehungen zwischen Griechenland und seinem nördlichen Nachbarn schon seit fast drei Jahrzehnten. Der Konflikt reicht ins Jahr 1991 zurück, als die ehemalige jugoslawische Teilrepublik ihre Unabhängigkeit erklärte und für sich den Namen Mazedonien wählte. Aus Sicht Griechenlands ist der Name Mazedonien jedoch Teil des griechischen Nationalerbes und suggeriert einen Anspruch auf die nordgriechische Provinz gleichen Namens.

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