Unter Protest

Macron und Merkel besiegeln neue Freundschaft

Ausland
22.01.2019 13:48

Exakt 56 Jahre nach Unterzeichnung des Elysee-Vertrages haben Deutschland und Frankreich einen neuen Freundschaftspakt besiegelt. Im Krönungssaal des historischen Aachener Rathauses setzten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankeichs Staatspräsident Emmanuel Macron am Dienstag ihre Unterschriften unter einen neuen deutsch-französischen Freundschaftsvertrag. Begleitet wurde die Zeremonie von Protesten der „Gelbwesten“.

Rund 120 Demonstranten versammelten sich in Sichtweite des Aachener Rathauses - sie forderten etwa billigere Mieten und mehr soziale Gerechtigkeit. Nach Angaben der Polizei handelte es sich wohl in der Mehrzahl um deutsche Staatsbürger. Die „Gelbwesten“-Bewegung hat mit ihren Protesten in Frankreich eine politische Krise ausgelöst. Sie wenden sich gegen die Reformpolitik der Mitte-Regierung, einige fordern auch den Rücktritt des französischen Präsidenten.

Die meisten „Gelbwesten“ sollen deutsche Staatsbürger gewesen sein. Die Protestwelle ist längst auf Deutschland übergeschwappt, allerdings nicht in der Intensität wie in Frankreich. (Bild: APA/dpa/Marius Becker)
Die meisten „Gelbwesten“ sollen deutsche Staatsbürger gewesen sein. Die Protestwelle ist längst auf Deutschland übergeschwappt, allerdings nicht in der Intensität wie in Frankreich.

Macron und Merkel im Kampf gegen Nationalismus vereint
Doch die Zeremonie im Aachener Rathaus lief trotz der Kundgebung planmäßig ab. Dafür garantierten die Polizisten, die massiv postiert waren. Auf den Dächern waren auch Scharfschützen zu sehen. Merkel bezeichnete den Vertrag als gemeinsame Antwort beider Länder auf erstarkenden Populismus und Nationalismus. In diesen „besonderen Zeiten“ brauche es entschlossene, eindeutige, klare und zukunftsgerichtete Antworten, sagte sie. Europa heute sei nicht zu vergleichen mit dem Europa vor 56 Jahren, so die deutsche Kanzlerin. Mit Großbritannien verlasse erstmals ein Land die EU und der Multilateralismus werde weltweit mehr und mehr infrage gestellt. Deshalb bedürfe es einer Antwort der EU und einer Neubestimmung der deutsch-französischen Kooperation.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel nach der Unterzeichnung des Vertrags (Bild: APA/dpa/Oliver Berg)
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel nach der Unterzeichnung des Vertrags
Erhöhte Sicherheitsmaßnahmen während der Unterzeichnungszeremonie: Auch Scharfschützen waren auf den Dächern postiert. (Bild: APA/dpa/Federico Gambarini)
Erhöhte Sicherheitsmaßnahmen während der Unterzeichnungszeremonie: Auch Scharfschützen waren auf den Dächern postiert.

Sie versicherte den Menschen in Deutschland und Frankreich, sich mit voller Kraft dafür einzusetzen, den neuen deutsch-französischen Vertrag mit Leben zu füllen. Die Arbeit sei mit der Unterzeichnung nicht getan, sagte Merkel. „Der Vertrag muss gelebt werden.“ Sie verpflichte sich für die deutsche Bundesregierung, „dass wir dies mit voller Kraft und mit ganzem Herzen tun werden. Es lebe die deutsch-französische Freundschaft.“

Macron lobt Merkel: „Sie ist immer zu Europa gestanden“
Macron bezeichnete die Partnerschaft mit Deutschland als „Schutzschild unserer Völker gegen die neuen Trubel der Welt“. Die Bedrohung komme nicht mehr von den Nachbarn, sondern von „außerhalb Europas und aus dem Inneren“. Der französische Präsident lobte in seiner Rede ausdrücklich die deutsche Kanzlerin, die immer zu Frankreich und Europa gestanden habe. „Mit diesem Vertrag von Aachen öffnet sich heute ein neues Kapitel zwischen Deutschland und Frankreich. Auf den Grundlagen der Versöhnung entwerfen wir eine neue Etappe“, sagte der Staatschef.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der der Zeremonie beiwohnte, bezeichnete die deutsch-französische Freundschaft als Garanten für den Frieden in Europa. „Es gab in der deutsch-französischen Geschichte öfters - ja - Unbill. Krieg. Schlimmes. Darunter litten die Nachbarn sehr. Die Aussicht, dass dies nie mehr passieren wird, gibt unserem Kontinent die Ruhe, die er braucht, um gedeihen zu können“, betonte Juncker.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker war ebenfalls in Aachen anwesend. (Bild: APA/dpa/Oliver Berg)
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker war ebenfalls in Aachen anwesend.
Die beiden Regierungschefs Macron und Merkel bei der Unterzeichnung des Freundschaftsvertrags, flankiert von ihren Außenministern Heiko Maas (rechts) und Jean-Yves Le Drian (links) (Bild: AP)
Die beiden Regierungschefs Macron und Merkel bei der Unterzeichnung des Freundschaftsvertrags, flankiert von ihren Außenministern Heiko Maas (rechts) und Jean-Yves Le Drian (links)

Berlin und Paris wollen sich für gemeinsame Außenpolitik einsetzen
Am 22. Jänner 1963 hatten in Paris der damalige Kanzler Konrad Adenauer und Präsident Charles de Gaulle den ersten Vertrag unterzeichnet. Der „Vertrag von Aachen“ legt fest, dass Deutschland und Frankreich ihre Zusammenarbeit unter anderem in der Europapolitik verstärken und sich für eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik einsetzen wollen. Außerdem soll die Integration der beiden Volkswirtschaften vertieft werden. Schulabschlüsse sollen gegenseitig anerkannt werden, außerdem ist geplant, deutsch-französische Studiengänge zu schaffen.

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