Eine Entführung, die keine gewesen sein soll. Das „Opfer“: die schwerreiche Mutter von Esterhazy-Geschäftsführer Stefan Ottrubay. Die „Täterinnen“: seine beiden Schwestern. Die „Krone“ recherchierte die Hintergründe einer verwirrenden Familienfehde.
Die Esterhazystraße in Eisenstadt. Das Schloss, der Park, ein paar Geschäfte und Lokale, alte, hübsch renovierte Häuser. In einem davon, auf Nummer 25, hat Magdalena Terezia Ottrubay bis vor wenigen Tagen gelebt, in einer geräumigen Wohnung, mit einer slowakischen Pflegerin. Nur selten, berichten Nachbarn, habe die 87-Jährige ihr Zuhause verlassen, und wenn doch, dann meist nur, um die nahe gelegene Bergkirche zu besuchen, dort zu beten und Bekannte zu treffen. Wie am vergangenen Dienstag.
„Alles ging ganz schnell“
Warm bekleidet ging sie mit ihrer Betreuerin langsam zu dem Gotteshaus. „Und dann“, so die Slowakin später vor der Polizei, „ging alles ganz schnell.“ Es war etwa 15.35 Uhr, als zwei schwarze Limousinen „in spektakulärer Weise, nach Wendemanövern, neben uns anhielten“. Vier Personen hätten sich in den Wagen befunden, zwei Männer, zwei Frauen - eine von ihnen habe die Pflegerin zur Seite gestoßen und dabei gesagt: „Ich bin von der Polizei.“ Die Betreuerin will danach nur noch gesehen haben, wie Magdalena Ottrubay „in eines der Autos verfrachtet wurde“, danach seien die Fahrzeuge mit hoher Geschwindigkeit und quietschenden Reifen davongerast.
Der Vorfall hatte eine Mega-Alarmfahndung zur Folge, eine Tat von Profi-Kidnappern wurde vermutet, hohe Lösegeldforderungen erwartet - schließlich handelte es sich bei dem mutmaßlichen Opfer um die millionenschwere Schwester der 2014 verstorbenen Melinda Esterhazy. Lange vor ihrem Tod schon hatte die Fürstin ihren Neffen, Stefan Ottrubay, zum Verwalter ihrer Güter, ihres Vermögens, ihrer Stiftungen gemacht - immer wieder war es deshalb mit den Esterhazys zu Auseinandersetzungen gekommen.
Aber auch zwischen dem 63-Jährigen und seiner engsten Verwandtschaft dürfte ein Streit toben - in dem seine Mutter die Schlüsselrolle zu haben scheint. Die weiteren Hauptfiguren in dem Adelskrimi: er, der Sohn, auf der einen, die zwei in der Schweiz lebenden Töchter der betagten Dame auf der anderen Seite. Sie sollen ihre „Entführerinnen“ gewesen sein. Wenige Stunden nach der „Tat“, um 22 Uhr, sprach jedenfalls eine der beiden in einem Polizeiwachzimmer in Kitzbühel vor. Magdalena Ottrubay sei nicht gekidnappt worden, alles sei ein Missverständnis, denn: „Auf ihren eigenen Wunsch wurde meine Mutter aus Eisenstadt weggebracht.“ Und die 87-Jährige bestätigte diese Angaben.
Streit um Wohnort der Mutter
Die kolportierte Vorgeschichte zu den Ereignissen in der Esterhazystraße: Bereits seit Längerem gebe es zwischen den Kinder der reichen Witwe unschöne Diskussionen darüber, wo und wie die alte Dame ihren Lebensabend verbringen solle. Die Töchter würden für ihre Unterbringung in einer noblen Seniorenresidenz in Luzern plädieren, der Sohn für eine private Betreuung in seiner Nähe. Im vergangenen September schaffte er es schließlich, seinen Wunsch durchzusetzen, Magdalena Ottrubay übersiedelte von der Schweiz ins Burgenland. Gegen den Willen der 87-Jährigen, so die Überzeugung ihrer Töchter. Die in der Folge eine „Rückholaktion“ zu planen begannen.
Fest steht: Schon vor einigen Wochen waren die zwei Frauen - genauso wie jetzt in Begleitung ihrer Ehemänner - nach Österreich gereist. Und Fakt ist auch: Am Vormittag des 16. Dezember alarmierte eine der beiden per Handy die Polizei. Sie befinde sich im BMW ihres Bruders, gemeinsam mit ihrer Schwester, der Mutter und deren Pflegerin. Sie alle seien auf dem Weg zum Flughafen Schwechat, aber ihr Gatte sei von ihr getrennt worden. Bei einem weiteren Anruf vermeldete die Frau dann: Sie, ihre Schwester, ihre Mutter und die Betreuerin hätten in Wien-Landstraße das Auto verlassen sollen. Nachdem die Schwestern ausgestiegen seien, habe ihr Bruder Stefan Gas gegeben und, mit der Mutter und der Betreuerin auf der Rückbank, die Flucht ergriffen.
Gerichte beschäftigen sich mit Causa
Gerichte in Luzern und in Österreich sind mittlerweile mit dem Fall befasst - in dem es nicht nur darum geht, wo und bei wem Magdalena Ottrubay am besten aufgehoben wäre. Sondern auch um Entführungsvorwürfe und darum, wer den Fahndungseinsatz vom vergangenen Dienstag bezahlen wird müssen. Stefan Ottrubay wolle sich, so sein Sprecher Josef Kalina, nicht zu laufenden Verfahren äußern: „Er ist aber sehr froh darüber, dass sich seine Mutter nicht in den Händen von Verbrechern befindet.“
Angeblich wohnt die 87-Jährige nun wieder in der Schweiz. Wie sehr sie der Streit zwischen ihren Kindern belastet, welchem von ihnen sie am meisten vertraut - darüber ist nichts bekannt.
Martina Prewein, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.