Fans und Medien sind immer auf der Suche nach neuen Superstars - am Samstag haben sie die Zukunft des Damen-Tennis gesehen: Naomi Osaka ist das Gesicht, das die nächste Zeit dieses Sports prägen wird. Das bewies die 21-jährige Japanerin trotz eines mentalen Durchhängers im Endspiel der Australian Open gegen die sieben Jahre ältere Petra Kvitova. Sie ist nach dem 7:6(2), 5:7, 6:4 neue Nummer 1.
Nach dem denkwürdigen Sieg im Finale der US Open über die wegen eines Schiedsrichter-Disputs wütende Serena Williams stemmte Osaka nur 140 Tage später schon ihre zweite Siegestrophäe bei einem Grand-Slam-Turnier. Als erste Japanerin und erste Asiatin (bei Damen und Herren) steht sie ab Montag auf Platz 1 der Tennis-Weltrangliste. Sie hat mit dem auf umgerechnet 2,57 Mio. Euro dotierten Siegerscheck mit nur 21 bereits die Zehn-Millionen-Dollar-Grenze allein an Preisgeld durchbrochen. Im enorm hoch dotierten asiatischen bzw. japanischen Sponsorenmarkt ist ihr ein Vielfaches sicher. Kvitovas großartiges Comeback nach einer schweren Messer-Verletzung durch einen Einbrecher im Dezember 2016 wurde also nicht mit einem Sieg gekrönt - mehr Infos zu dem Vorfall finden Sie HIER und HIER - Kvitova hatte im zweiten Satz bei 3:5 und 0:40 drei Matchbälle abgewehrt und sich noch in den dritten Satz gerettet. Dennoch wird die 28-jährige Tschechin und zweifache Wimbledon-Siegerin im WTA-Ranking auf Platz zwei klettern. Sie selbst hätte ihr märchenhaftes Comeback mit ihrem dritten Grand-Slam-Titel und Platz 1 freilich krönen wollen.
„Hallo... Öffentlich reden ist nicht meine starke Seite“, meinte die schüchterne Osaka nach ihrem Sieg zum Publikum. „Ich gratuliere dir, Petra, du hast so viel durchgemacht. Ich wollte wirklich nicht, dass das unser erstes Match ist“, meinte die Japanerin. Dann wusste sie schon fast nicht mehr, was sie sagen soll. „Ich habe mir vorher Notizen gemacht und habe es trotzdem vergessen“, entschuldigte sie sich mit ihrer sympathischen jugendlichen Naivität - fügte aber demütig hinzu: „Ich fühle mich geehrt, dieses Finale gespielt zu haben“. Kvitova vergoss nach dem Endspiel - aus einer Mischung aus Enttäuschung aber wohl auch Druckabfall nach zwei Jahren eines unglaublichen Comebacks - auch Tränen. „Ich kann gar nicht glauben, dass ich gerade wieder ein Grand-Slam-Finale gespielt habe. Es war ein großartiges Finale, ich gratuliere dir, dass du die neue Nummer 1 bist“, sagte Kvitova zunächst in Richtung Osaka. Zu ihren Freunden und Betreuern meinte sie: „Danke, dass ihr zu mir gestanden habt, auch wenn gar nicht klar war, ob ich überhaupt noch einmal ein Racket halten kann.“
Die beiden Finalistinnen hatten sich zuvor über 2:27 Stunden ein Match geliefert, das nicht nur sie beide lange nicht vergessen werden. Es verlief von Beginn weg zunächst auf hohem Niveau und sehr ausgeglichen. Die ersten zwei Breakchancen hatte Kvitova bereits im fünften Game bei 2:2, unmittelbar darauf war Osaka einen Punkt vom Break zum 4:2 entfernt. Auch ein 0:40 bei eigenem Aufschlag konnte Osaka noch zum 4:3 verwandeln. Ab diesem Zeitpunkt ging es Richtung Tiebreak, wobei Osaka bei 6:5 schon ihre ersten beiden, vergebenen Satzbälle vorfand. Im Tiebreak selbst spielte Osaka aber überragend und sicherte sich rasch eine 5:1-Führung. Nach 51 Minuten hatte sie Satz eins mit 7:2 in der Tasche. Im zweiten Durchgang gelang Kvitova das erste Break des Endspiels zum 2:0, sie nutzte aber eine Chance zum 3:0 nicht. Osaka gelang das sofortige Rebreak. Nach dem kleinen „Hänger“ zu Beginn des zweiten Satzes schien Osaka auf dem Weg zum Zwei-Satz-Sieg. Der Japanerin mit haitischem Vater, die auch über einen US-Pass verfügt, gelang zum 3:2 ein Break zu Null und sie führte bereits 5:3. Bei Aufschlag Kvitova und 0:40 fand Osaka drei Matchbälle vor. Doch da versagten die Nerven des Jungstars völlig: Sie verprasste alle Chancen und musste danach nach einem Doppelfehler bei 15:40 ihr Service abgeben. Osaka vergab noch einen Breakball zum 6:5 und gab zu Null mit einem Doppelfehler den Satz noch zum 5:7 ab.
Nach rund 1:50 Stunden ging das Match in den entscheidenden Satz. Osaka, die mit einem Handtuch über dem Gesicht nach dem Satzverlust den Platz verlassen hatte, fing sich mental wieder und holte sich das erste Break zum 2:1. Bei 3:2 für Osaka hatte Kvitova noch einmal die Chance zum Rebreak, doch Osaka stelle auf 4:2 und fand bei 0:40 wieder drei Chancen zur Vorentscheidung vor. Doch diesmal war sie dank einer überragenden Kvitova chancenlos, die Tschechin machte mit perfektem Spiel fünf Punkte en suite zum 3:4. Bei 5:4 und eigenem Aufschlag lag es nun wieder bei Osaka, die aber nun mit stoischer Ruhe zum zweiten Triumph ausservierte. „Dieses Mädchen ist etwas Spezielles“, jubelte ihr deutscher Trainer Sascha Bajin auf Twitter über Osaka. Er war fast acht Jahre Schlagpartner von Serena Williams und arbeitet auch mit Caroline Wozniacki und Viktoria Asarenka - nun ist er erstmals Headcoach. Sein Schützling ist schon lange eine gemachte Frau, wird aber mit allen Sponsor-Prämien auch durch die Nummer-1-Position viele Rekorde purzeln lassen und bald reichste Sportlerin der Welt sein. Sie und ihr Landsmann Kei Nishikori haben sogar die Namensrechte an den japanischen Nudelhersteller „Nissin“ verkauft: In japanischen Medien muss daher über Osaka/Nissin bzw. Nishikori/Nissin berichtet werden. Zudem hat Osaka große Sponsoren-Deals mit der Fluglinie ANA, Autohersteller Nissan und der Uhrenfirma Citizen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.