Buhlen ums Militär

Maduro trainiert, Guaido verspricht Amnestie

Ausland
28.01.2019 09:42

Das Militär und die Sicherheitskräfte des Landes sind ein wesentlicher Faktor im Machtkampf zwischen dem noch amtierenden venezolanischen Präsidenten Nicolas Maduro und dem selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaido. Internationale Anerkennung hin oder her - durchsetzen wird sich letztlich nur derjenige, der die Streitkräfte hinter sich weiß. Und bisher, so scheint es, stehen die Generäle hinter Maduro. Das soll auch ein am Wochenende aufgetauchtes Video zur Schau stellen. Darin ist der sozialistische Präsident als Steuermann eines Militärboots und als „Infanterist“, der Seite an Seite mit Soldaten joggt, zu sehen.

„Danke für eure Professionalität und euren Patriotismus“, schmeichelt Maduro den Soldaten einer Marineeinheit, als er mit ihnen nach der Übung Arm in Arm für ein Foto posiert. „Ihr könnt immer auf mich zählen.“ Zumindest die Führungsriege des Militärs steht bislang treu an Maduros Seite. „Die Streitkräfte werden niemals einen Präsidenten akzeptieren, der von dunklen Mächten eingesetzt wird oder sich abseits des Rechts selbst einsetzt“, versichert Verteidigungsminister Vladimir Padrino. „Wir erkennen unseren Oberbefehlshaber Nicolas Maduro als legitimen Präsidenten an.“ Die Loyalität dürfte allerdings weniger der sozialistischen Gesinnung der Generäle geschuldet sein, sondern vielmehr handfesten wirtschaftlichen Interessen.

Präsident Maduro setzte sich für sein Propagandavideo auch in ein Marineboot. (Bild: APA/AFP/Venezuelan Presidency/HO)
Präsident Maduro setzte sich für sein Propagandavideo auch in ein Marineboot.

Die Geschäfte der korrupten Generäle
Während das einst reiche Land im Elend versinkt, machen die ranghohen Militärs noch immer gute Geschäfte. Sie sitzen an den wichtigen Schaltstellen der Macht, kontrollieren das Ölgeschäft, den Import von Lebensmitteln sowie Banken und Bergbaufirmen. Große Teile der Gewinne - Venezuela zählt zu den korruptesten Staaten der Welt - dürften in den Taschen der Generäle verschwinden. Zudem sollen zahlreiche Militärs in kriminelle Geschäfte wie illegalen Bergbau und Drogenhandel verwickelt sein. Maduros rechte Hand Diosdado Cabello, Ex-Militär und Vizepräsident der Sozialistischen Partei, gilt als einer der größten Drogenhändler Südamerikas. Er soll das Cartel de los Soles (Kartell der Sonnen) führen - ein Verbrechersyndikat aus Offizieren.

In den niedrigen Rängen dürfte deutlich mehr Unzufriedenheit mit Maduros sozialistischer Regierung herrschen. Die einfachen Soldaten und ihre Familien leiden ebenso an den Versorgungsengpässen wie die Zivilbevölkerung. Um einen Putsch zu verhindern, werden sie allerdings mithilfe kubanischer Militärgeheimdienstler streng kontrolliert. Dennoch kommt es immer wieder zu kleineren Aufständen. Erst vor einer Woche lehnte sich eine Gruppe Nationalgardisten gegen Maduro auf.

Präsident Maduro im Gespräch mit Verteidigungsminister Vladimir Padrino (Bild: APA/AFP/Venezuelan Presidency/Marcelo GARCIA)
Präsident Maduro im Gespräch mit Verteidigungsminister Vladimir Padrino

Bewaffnete Motorradgangs erledigen die „Drecksarbeit“
Eine weitere Stütze von Maduros Macht sind die „Colectivos“. Diese bewaffneten Motorradgangs wollen ebenso, dass alles so bleibt, wie es ist. Die Gruppen beherrschen ganze Stadtviertel, kontrollieren die Verteilung subventionierter Lebensmittel und gehen unbehelligt von der Polizei ihren illegalen Geschäften nach. Im Gegenzug erledigen sie die „Drecksarbeit“ und prügeln bei Protesten gegen die Regierung auf die Demonstranten ein.

Die bewaffneten Motorrad-Einheiten kommen vorwiegend bei Demonstrationen zum Einsatz. (Bild: APA/AFP/Federico Parra)
Die bewaffneten Motorrad-Einheiten kommen vorwiegend bei Demonstrationen zum Einsatz.
Ein Mitglied der Sondereinheit FAES auf Patrouille in Caracas (Bild: AFP or licensors)
Ein Mitglied der Sondereinheit FAES auf Patrouille in Caracas

Schützen russische Sicherheitsleute Maduro?
Außerdem dürfte sich der venezolanische Präsident zusätzliches Sicherheitspersonal aus dem Ausland geholt haben. Mehreren Medienberichten zufolge sind in den vergangenen Wochen zahlreiche Angestellte der privaten russischen Sicherheitsfirma Wagner in Venezuela eingereist. Über die Zahl der sogenannten Contractors gibt es unterschiedliche Angaben. Jewgeni Schabajew, Anführer einer paramilitärischen Kosaken-Organisation mit Beziehungen zu russischen Sicherheitsunternehmen, sagte, er habe in diesem Zusammenhang von rund 400 Russen in Venezuela gehört. Andere Eingeweihte sprachen dagegen von kleineren Kämpfergruppen. Das russische Präsidialamt erklärte, es habe keine derartigen Informationen. Das Informationsministerium in Venezuela lehnte eine Stellungnahme ab.

Auch Guaido lässt nichts unversucht, um die Militärs für sich zu gewinnen. „Soldaten, stellt euch auf die Seite des Volkes“, rief er bei einer Kundgebung. Ein Amnestiegesetz, das den Soldaten Straffreiheit verspricht, wenn sie sich an der Wiederherstellung der demokratischen Ordnung beteiligen, soll ihnen das Überlaufen zur Opposition schmackhaft machen. Im Kampf um die Herzen wendet sich Guaidos Ehefrau Fabiana Rosales direkt an die Frauen der Soldatenfamilien. Sie will sie bei der Ehre packen. „Mütter, Töchter und Ehefrauen der Militärs, findet ihr es gerecht, dass die Regierung die Reputation und das Prestige der Uniform beschmutzt hat?“, fragte sie in einem Video. „Erinnert ihr euch noch, als Offiziere in Galauniform ihre Töchter zum Altar führten, stolz darauf, Teil der Streitkräfte zu sein?“

Juan Guaido verspricht allen Soldaten des Landes, die sich auf seine Seite stellen, Amnestie. (Bild: APA/AFP/Federico PARRA)
Juan Guaido verspricht allen Soldaten des Landes, die sich auf seine Seite stellen, Amnestie.

Militärattaché in Washington stellt sich gegen Maduro
Wenn der selbst ernannte Interimspräsident Guaido die Militärs und Milizen auf seine Seite ziehen will, muss er ihnen etwas bieten: Nur wenn sie keine Zukunft für Maduros Regierung mehr sehen und gleichzeitig eine sichere Ausstiegsoption haben, dürften sie die Seiten wechseln. Einen ersten Erfolg seiner Charmeoffensive konnte er schon verbuchen: Der Militärattaché an der venezolanischen Botschaft in Washington sagte sich am Wochenende von Maduro los und stellte sich in den Dienst von Guaido. „Es reicht“, sagte Oberst Jose Luis Silva in einer Botschaft an seine Kameraden: „Keine Gewalt mehr gegen die Bürger.“

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