Seit 1872 sorgt der Poschenhof in Wörschach für das leibliche Wohl bei Einheimischen und Durchreisenden. Obwohl das Geschäft - auch dank des starken Tourismus im Ennstal - gut läuft, denkt Wirtin Heidemaria Schwaiger-Lemmerer mittlerweile laut ans Aufhören. Sie beklagt die fehlende Menschlichkeit bei Kontrollen - und warnt vor einem groben Personalmangel.
„Ich bin die fünfte Generation am Poschenhof, und eventuell auch die letzte.“ Es ist eine bittere Prognose, die Heidemaria Schwaiger-Lemmerer treffen muss. Der Grund: die Bürokratie.
„Wir müssen alles seitenlang dokumentieren. Zum Beispiel sollen wir messen, wie heiß das Wasser ist, mit dem wir die Kästen abwischen. Wenn die Kühltruhe defekt ist, müssen wir notieren, wann wir den Techniker rufen. Das Desinfizieren ist geregelt wie im Krankenhaus. Und den Mitarbeitern muss ich in der Schulung erklären, dass Messer scharf sind und sie nicht in die heiße Fritteuse greifen sollen.“
Politik lässt uns null Eigenverantwortung
Früher seien die Inspektoren „menschlich in Ordnung“ gewesen, so die Wirtin. „Es ist doch selbstverständlich, dass alles sauber und hygienisch sein muss. Aber die Politik lässt uns null Eigenverantwortung.“
Auch bei der Registrierkassa, die der Poschenhof schon vor der neuen Verordnung hatte, seien die Wirte hingestellt worden wie die größten Gauner. Dazu komme die Personalnot: „Ich habe neun Leute, die schon länger da sind. Aber nächstes Jahr geht eine in Pension. Ich fürchte, ich werde keinen Ersatz finden.“
Tochter wird nicht übernehmen
Immerhin hilft Tochter Marie-Eve, die die Tourismusschule absolviert hat, bei der bürokratischen Zettelwirtschaft. Aber dass sie den Poschenhof unter diesen Umständen übernimmt, sei eher unwahrscheinlich, so die Mutter: „In fünf bis zehn Jahren, wenn meine Generation geht, kommt das große Zusperren.“
Zahl der Gasthäuser halbiert
Wie aktuelle Zahlen zeigen, hat sich die Zahl der traditionellen Gasthäuser hierzulande in nur 20 Jahren beinahe halbiert. Gab es 1999 noch 2539 entsprechende Betriebe, sind es aktuell nur noch 1442. Ein aktuelles Beispiel ist der Klugveitl am Reinischkogel.
Ärger über Zettelwirtschaft
„Wenn das so weitergeht, bekommen wir ein Riesen-Problem. Dann haben wir die schönsten Landschaften bei uns - aber ohne Gastro-Versorgung“, warnt Fachgruppenobmann und Hotelier Hans Spreitzhofer. Schon seit Jahren mahnt er, dass überbordende Bürokratie dazu beiträgt, dass viele den Hut drauf schmeißen: „Bei uns hängen in der Hotelküche schon so viele Zettel mit Anweisungen, an die wir uns zu halten haben, dass uns die Behörde bald ein Problem wegen der vielen Zettel in der Küche machen wird“, sagt er leicht sarkastisch.
Von der Allergenverordnung über die (eingeschränkte) Mitarbeit von Familienmitgliedern bis hin zur Arbeitszeitenaufzeichnung - „die Bürokratie ist so gewaltig angewachsen, dass sie jedem Wirt im Schnitt zwei Stunden Arbeit am Tag beschert. Aber Hauptsache, wir führen exakte Aufzeichnungen darüber, welches Kastel exakt wann mit welchem Putzmittel gereinigt worden ist.“
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