Die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde hat am Donnerstag ein Ermittlungsverfahren gegen Amazon eröffnet. Geprüft werde der Verdacht von Verstößen gegen österreichisches und europäisches Kartellrecht, heißt es in einer Mitteilung der Kartellwächter.
Bereits im vergangenen Dezember hatte der österreichische Handelsverband bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) Beschwerde gegen Amazon wegen unfairer Geschäftspraktiken eingereicht. Dieser geht die Wettbewerbsbehörde nun nach und prüft, ob Amazon seine „marktbeherrschende Stellung gegenüber Händlern missbraucht, die auf dem Amazon-Marktplatz aktiv sind und auf diesen angewiesen sind“. Gespräche mit Amazon sind laut BWB geplant, hätten bisher aber noch nicht stattgefunden.
Online-Riese zeigt sich kooperativ
Amazon wollte die anlaufenden Ermittlungen nicht kommentieren, zeigte sich jedoch kooperativ. „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir laufende Verfahren nicht kommentieren. Wir werden jedoch vollumfänglich mit dem BWB kooperieren und weiterhin daran arbeiten, kleine und mittlere Unternehmen in ihrem Wachstum zu unterstützen,“ hieß es vonseiten des Konzerns. „Amazon ist immer dann erfolgreich, wenn seine Verkäufer erfolgreich sind“, so ein Sprecher. „Die Verkäufe der Händler wachsen doppelt so schnell wie die von Amazon selbst in der EU.“ Zudem gebe Amazon jedes Jahr Milliarden aus, um den Verkäufern zu helfen, erfolgreich zu sein. Dabei würden die größten Investitionen in Fulfillment - also die Einlagerung und Verteilung der Produkte - und das Vertriebsnetz fließen.
„Monopolartige Entwicklung“
Das Problem bei Amazon ist aus Sicht des Handelsverbands die Doppelrolle, die das US-Unternehmen einnimmt: Es tritt einerseits als Online-Händler mit eigenen Produkten auf, andererseits als Plattform, auf der andere Firmen ihre Produkte anbieten können. In beiden Bereichen ist Amazon dominant: Die Österreicher geben fast jeden zweiten Euro im Internethandel bei Amazon aus. Amazon machte 2017 in Österreich rund 690 Millionen Euro Umsatz, über den Amazon Marktplatz flossen mindestens weitere 700 Millionen Euro, schreibt der Handelsverband.
„Als führender Marktplatz kann Amazon theoretisch die Daten der gelisteten Händler einsehen, deren Preise unterbieten und langfristig das gesamte Geschäft an sich binden. All das läuft gänzlich an der österreichischen Volkswirtschaft vorbei“, kritisierte Handelsobmann Rainer Will im Dezember. Amazon besitze Kundendaten von 93 Prozent der österreichischen Online-Shopper und praktisch aller heimischen Web-Shops. „Der Konzern kann diese nutzen, um etwa das Eigensortiment bzw. Eigenmarken wie ‘Amazon Basics‘ dort zu stärken, wo andere Händler mit ‘Bestsellern‘ erfolgreich sind, und damit Letztere vom Markt verdrängen“, sah Will eine „monopolartige Entwicklung“.
Der Handelsverband fordert, dass die Geschäftsbedingungen und Verhaltensweisen gegenüber den heimischen Händlern auf dem Amazon Marktplatz überprüft werden. Die Geschäftsbedingungen von Amazon seien „mit erheblichen Unklarheiten und Vorbehalten zugunsten Amazons verbunden“, unter anderem könne Amazon die Verträge mit seinen Händlern jederzeit ohne Grund und mit sofortiger Wirkung kündigen oder aussetzen und damit einem Unternehmen seine Geschäftsbasis entziehen. Je kleiner ein Geschäft, umso abhängiger sei es.
Händler gezielt vom Markt gedrängt
Oft würden gelistete Produkte, die auf dem Marktplatz gut laufen, von Amazon selbst übernommen und günstiger angeboten. Dadurch würden Händler gezielt vom Markt verdrängt. „Wir befürchten, dass ein unerlaubter Datenaustausch zwischen der Online-Einzelhandelstätigkeit von Amazon und der Marktplatztätigkeit dies möglich macht“, so Will. Die Trennung zwischen Online-Händler und Marktplatz sei bei Amazon nicht strikt genug. Der Handelsverband hofft, dass nach der BWB-Untersuchung das Kartellgericht „Amazon einen Auftrag erteilt, mutmaßlich wettbewerbswidrige Klauseln und Formulierungen aus den Marktplatzverträgen zu eliminieren“.
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