Leistung? Keine Angabe. Kapazität der Akkus? Ein Geheimnis. Von Tesla kommt offiziell nur eines: das erste Test-Auto des Model 3 für österreichische Medien, rechtzeitig zu den Auslieferungen an die Kunden im März. Die „Krone“ hatte Erstkontakt im Kurz-Test …
Der erste Eindruck? Die Front ohne Lufteinlässe ist gewöhnungsbedürftig, passt aber zum Markengesicht von Tesla. Die Türschnallen sind versteckt, kommen aber nicht wie bei Model S und X automatisch heraus, sondern sind eine „Finger-Falle“ wie bei der seligen Fiat Barchetta. Die Sitze vorne könnten mehr Seitenhalt vertragen, hinten herrscht zwar reichlich Kniefreiheit, aber die Zehen haben wenig Platz. Für genug Kopffreiheit trotz der Batterien im Boden griff Tesla zu einem Kniff: ein Glasdach, das sich auch über die Häupter der Hinterbänkler hinweg zieht. So gibt‘s trotz Fließheck nur eine relativ kleine Kofferraumluke, hinter der 340 Liter Laderaum (zum Vergleich: im Golf VII sind es 380 Liter) warten. Vorne gibt es bei diesem Elektro-Auto allerdings auch einen Stauraum, immerhin 85 Liter für eine Reisetasche.
Im Cockpit findet sich jede Menge Klavierlack, aber keine billig wirkenden Kunststoffe. Sogar ein Holzpaneel ziert das Armaturenbrett. Das wirkt dem derzeitigen Basispreis von 58.300 Euro durchaus angemessen. Solide Verarbeitung kann man bei diesem Preis ebenfalls erwarten, und tatsächlich sieht das hier auch so aus, Windgeräusche halten sich - trotz rahmenloser Scheiben in den Türen - selbst bei Autobahntempo in Grenzen.
Das Armaturenbrett ist extrem flach - und verdient eigentlich den Namen nicht: Denn es gibt einfach keine Armaturen, die einzigen zwei Regler befinden sich auf dem Lenkrad. Sogar das Handschuhfach wird über den Touchscreen geöffnet. Einfach alles wurde auf diesem 15-Zoll-Touchscreen im Querformat zusammengefasst, der wie ein Fernseher mitten im Wohnzimmer dasteht. Hier liest man auch das Tempo ab, das passt gerade noch ins Blickfeld des Fahrers.
In dieses Blickfeld sollten jedoch auch andere Verkehrsteilnehmer, die sich im „Toten Winkel“ befinden, passen. Tesla hat dem Model 3 dafür zwar sogar eine zusätzliche Kamera ins Kotblech geschraubt, allerdings wird drohende Gefahr nur auf dem Display angezeigt - Warnleuchten in den Außenspiegeln oder in den A-Säulen hat man sich gespart. Wie auch eine induktive Ladeschale, dafür gibt es je einen Stecker für USB-C und Apple Lightning.
Hinter dem Lenkrad verstecken sich nur noch zwei Hebel (die sind übrigens nicht mehr vom selben Zulieferer wie bei Mercedes), der „Auto-Pilot“ wanderte auf den Gang-Wahlhebel. Unserem Test-Tesla fehlte allerdings noch die Selbstfahr-Software. So durften wir selbst lenken.
Das Lenkrad ist klein und dick, das erinnert an BMW. An dessen 3er der Model 3 sich auch anderswo orientiert: 4,69 Meter misst der Tesla in der Länge, der Bayer in seiner jüngsten Version 4,71 Meter. Auch in Sachen Dynamik vermag der US-Stromer zu überraschen: Die Lenkung ist sportlich direkt, bietet feine Rückmeldung. Das Fahrwerk erweist sich als für eine Limousine doch recht straff. Zumindest mit den fetten 20-Zoll-Felgen mit Niederquerschnittreifen.
Traktion gibt es scheinbar ohne Ende. Dank Allradantrieb. Diesen haben die beiden Start-Modelle in Europa, der Long Range (560 Reichweite km lt. WLTP-Norm) und der 10.800 Euro teurere Performance (530 km), immer an Bord. Je ein Elektromotor arbeitet pro Achse, im stärkeren Model 3 Performance inoffiziell gemeinsam für 487 PS gut. Die offiziell 3,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h schlagen sich wuchtig auf den Magen, bei Tempo 250 ist Endstation. Wer mit 233 km/h Spitze und 4,8 Sekunden für den Hunderter-Sprint auskommt, auf die 20-Zöller, die sogenannten Performance-Bremsen und die Carbon-Lippe am Heck verzichten kann, wird mit der Long-Range-Variante das Auslangen finden. Eine günstigere Version mit Heckantrieb und geringerer Reichweite soll folgen.
Im Kurz-Test verbrauchten wir trotz Vollgas-Versuchungen mit dem Model 3 Performance 18,7 kWh/100 km im Schnitt, mit den (inoffiziell) 75 kWh großen Akkus sollten sich hochgerechnet also rund 400 Kilometer ausgehen. An Teslas 120-kW-Supercharger lassen sich binnen 30 Minuten 270 km tanken, und weil auch dieses Modell der Amis dreiphasig laden kann, sind auch an einer herkömmlichen Wallbox bis zu 16,5 kW drinnen. Das Model 3 ist übrigens das erste Modell der Marke, das einen Anschluss für den CCS-Stecker - mittlerweile Europas Standard - unter seiner Ladeklappe hat.
Die Bremsen? Nicht gerade giftig, aber gut dosierbar. Der Bremsweg des Model 3 aus 100 km/h wurde übrigens von desaströsen 48,2 Metern bei ersten Tests mittlerweile auf für einen 1,8 Tonner akzeptable 40,3 Meter (allerdings mit US-Ganzjahresreifen; laut ÖAMTC) gedrückt. Per Software-Update „over the air“ …
Apropos: Mittels Update werden regelmäßig auch neue „Easter Eggs“ ins System aufgespielt. Auf Wunsch kommen so aus den Boxen Furzkissen-Geräusche, sogar einzelnen Sitzen zugeordnet. Und auch beim Blinken können Furzgeräusche durch den Tesla hallen. Junggebliebene können auch Atari-Games aus den 1980er-Jahren auf dem 15-Zöller spielen. Im Romantik-Modus - der sich nur im geparkten Zustand aktivieren lässt - wird Kaminfeuer auf dem 15-Zoll-Screen eingeblendet, untermalt von Kuschelmusik und Wärme aus den Lüftungsdüsen daneben. Als ob zweieinhalb Jahre Warten seit den ersten Reservierungen für das Model 3 noch nicht Liebesbeweis genug wären …
Warum?
Beschleunigung auf Sportwagen-Niveau
agiles Handling
alltagstaugliche Reichweite
nun auch CCS-Ladeanschluss
Warum nicht?
Vordersitze mit wenig Seitenhalt
Hinterbänkler brauchen kleine Füße
enge Kofferaumluke
Oder vielleicht …
… Jaguar I-Pace, gebrauchter Tesla Model S
Stefan Burgstaller, Kronen Zeitung
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