Diese Ankündigung hat Europa kalt erwischt: Vergangene Woche drohte US-Präsident Donald Trump damit, die in den Kriegsgebieten inhaftierten ausländischen IS-Kämpfer auf freien Fuß setzen zu wollen, sollten sie nicht von den europäischen Staaten zurückgenommen und vor Gericht gestellt werden. Angesichts dieses Drucks drängt auch hierzulande eine rasche Entscheidung: Was soll mit den österreichischen IS-Kämpfern getan werden?
Konkret geht es um rund 100 sogenannte Foreign Fighters aus Österreich, die sich in den Kriegsgebieten aufhalten sollen. Knapp 30 von ihnen besitzen auch die österreichische Staatsbürgerschaft. Nun ist der IS so gut wie besiegt und die meisten IS-Kämpfer in kurdischer Gefangenschaft. Hinzu kommen deren Frauen und Kinder.
Es geht um Schuld, Moral und Recht
In ganz Europa ist nun die Diskussion entbrannt, was mit ihnen passieren soll. Es ist ein unbequemes Thema und auch ein Dilemma. Es geht um Schuld, Moral und Recht, eine gesamteuropäische Antwort auf die Frage „Zurückholen - ja oder nein“ gibt es nicht. Die heimische Regierung zeigt sich indes zurückhaltend, Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) möchte „jede einzelne Biografie“ einer klaren Prüfung unterziehen. Doch angesichts der Trump-Drohung drängt die Zeit. Die europäischen Staaten müssen sich entscheiden.
Rücknahme? Bei dem Gedanken läuft es einem kalt den Rücken herunter
Alleine der Gedanke, dass hochgefährliche Mörder, Vergewaltiger, Schänder oder auch verblendet-radikale Mitläufer wieder in unsere Gesellschaft zurückkommen sollen, erschaudert. Jemand, der sich freiwillig dazu entschlossen hat, Österreich zu verlassen, um sich einer pseudo-religiösen, mörderischen Ideologie anzuschließen, sollte sich auch der Tragweite der dazugehörenden Konsequenzen bewusst sein. Ein Krieg ist kein Erlebnisurlaub.
Sich einer fundamentalistischen Terrorgruppe anzuschließen, aber dann auf ein Gerichtsverfahren bzw. eine Haftstrafe nach europäischen Standards zu hoffen, passt beim besten Willen nicht zusammen. Wer aus freien Stücken in ein Kriegsgebiet geht und sich dem Kampf für den vermeintlichen „Gottesstaat“ anschließt, dem sollten auch die dortigen, nahöstlichen Haftbedingungen zumutbar sein. Auch, wenn sie wohl weniger lauschig sind als hierzulande.
Es gibt jedoch ein kleines „Aber“
Aber: Die rechtliche Komponente ist - auch wenn es in diesem Fall bitter ist - verzwickt. Generell hat ein Bürger mit österreichischem Pass nämlich durchaus das Recht, hierher zurückzukehren. Die Aberkennung der Staatsbürgerschaft ist laut Experten nicht so einfach möglich. Schwierig ist auch die Frage, wie mit Minderjährigen oder Kindern von IS-Kämpfern umgegangen werden soll.
Ein gangbarer Weg könnte es sein, die IS-Kämpfer vor ein internationales Sondergericht auf syrischem Boden zu stellen, wie die von Kurden angeführte Anti-IS-Allianz SDF forderte. Das klingt nach einer vernünftigen Lösung, der man internationales Gehör schenken sollte - vielleicht schon beim heutigen Vieraugengespräch von Bundeskanzler Sebastian Kurz mit Donald Trump? Es wäre eine gute Gelegenheit.
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