Bei der Landung am Dienstagnachmittag hatte es in Washington noch strahlendes und mildes Wetter gegeben. Doch am Tag der Zusammenkunft mit US-Präsident Donald Trump musste sich Bundeskanzler Sebastian Kurz warm anziehen und festes Schuhwerk tragen. Trotz Eiseskälte und dichten Schneefalls gab es aber am Mittwoch einen warmen Empfang für den österreichischen Regierungschef. Nach dem medienwirksamen transatlantischen Handshake stellten sich Kurz und Trump einigen Journalistenfragen. Trump betonte die „sehr guten Beziehungen zwischen Österreich und den USA“. Kurz, den Trump anerkennend als „very young leader“ (sehr junger Führer) bezeichnete, ist der erste österreichische Regierungschef seit 13 Jahren, der einen US-Präsidenten im Machtzentrum der USA trifft.
Trump sagte, dass es „ziemlich gute Handelsbeziehungen“ zwischen den USA und Österreich gebe, „und das ist es, worüber wir heute sprechen werden“. Kurz hatte in seinem Eingangsstatement Trump dafür gedankt, dass er die österreichische Delegation im Weißen Haus empfange. „Es ist mir und meiner Delegation eine Freude, hier sein zu dürfen“, sagte der ÖVP-Chef. „Österreich ist im Vergleich zu den USA ein kleines Land, aber ein schönes Land“, betonte er. Kurz wies darauf hin, dass sich Österreich „im Herzen der Europäischen Union“ befinde und es bei dem Treffen nicht nur um bilaterale Beziehungen gehe, sondern auch um jene zwischen den USA und der EU.
Pressetermin von Trump abrupt beendet
Der US-Präsident beendete die Fragerunde etwas abrupt, als er von amerikanischen Journalisten zum früheren FBI-Vizechef Andrew McCabe befragt wurde. McCabe hatte dem Präsidenten vorgeworfen, das US-Justizsystem zu untergraben. Trump lancierte einen Frontalangriff auf seinen Kritiker und nannte ihn mit Blick auf den legendären früheren FBI-Chef „einen J. Edgar Hoover für Arme“.
Kurz trug sich auch im Roosevelt Room ins Gästebuch ein, ehe sich Gastgeber und Besucher ins Oval Office zurückzogen.
Trump wünscht höhere Verteidigungsausgaben Österreichs
Bei dem Treffen selbst wünschte sich der US-Präsident schließlich höhere Verteidigungsausgaben Österreichs. Er, Kurz, habe aber mit Verweis auf die Neutralität „sehr klar gemacht, dass wir seine Haltungen respektieren, aber dass wir unsere Budgetfragen schon selbst entscheiden“, sagte der Kanzler im Anschluss. Der Kanzler räumte ein, dass Österreich weniger für Verteidigung ausgebe als andere Staaten. Was aber den „Außeneinsatz“ betrifft, leiste es „einen überdimensional großen Einsatz“, verwies Kurz auf die Auslandseinsätze des Bundesheeres.
Kurz berichtete zudem, dass das Gespräch mit Trump zum Teil kontroversiell gewesen sei. „Ich glaube, dass grundsätzlich die US-Administration ein Interesse an guten Beziehungen hat, aber in vielen Sachfragen sind wir unterschiedlicher Meinung.“ Gesprächsbereit zeigte sich Kurz im von Trump angezettelten Handelsstreit mit der EU. Österreich sehe den von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker geführten Verhandlungsprozess „sehr positiv“. „Nicht angesprochen“ wurde von Trump die Frage der Rücknahme von in Syrien festgehaltenen österreichischen IS-Kämpfern, sagte Kurz in der „ZiB 2“.
TV-Bericht: „Migrations-Hardliner zu Besuch“
Auch in US-Medien war der Arbeitsbesuch ein wichtiges Thema. Es war vom Besuch des „Migrations-Hardliners“ bei Trump die Rede. In einem Online-Artikel des TV-Senders ABC News wurde darauf hingewiesen, dass Kurz der jüngste Regierungschef Europas sei, aber trotzdem „kein Politneuling“. Nicht fehlen durfte auch der Hinweis, dass die FPÖ, mit der er nach der Nationalratswahl 2017 eine Koalition gebildet hatte, „ursprünglich von früheren Nazis in den 1950er-Jahren gegründet“ worden sei. Als Kanzler halte Kurz an einer Pro-EU-Haltung fest, während er die Bewahrung der österreichischen Traditionen und den Kampf gegen illegale Immigration betone. Kritiker hielten ihm vor, dass seine Migrationspolitik „dazu beiträgt, Europa noch weiter nach rechts zu schieben“, hieß es in dem Artikel, in dem Kurz auch als „aktiver Kritiker“ der deutschen Kanzlerin Angela Merkel dargestellt wurde.
Was haben Kurz und Trump gemeinsam?
Als Merkel-Kritiker wurde Kurz auch von der Nachrichtenagentur Bloomberg dargestellt, die in ihrem Artikel den Zollstreit und die Gaspipeline Nord Stream 2 als „heiße Eisen“ der Unterredung mit Trump ausmachte. „Trump trifft den Millenial, der Merkel bei den Flüchtlingen herausgefordert hat“, lautete die Schlagzeile. Im Artikel wurde darauf hingewiesen, dass Trump und Kurz „etwas gemeinsam haben: Sie schulden ihre erfolgreichen Kampagnen zum Teil ihrer harten Migrationspolitik.“
Nach den Beratungen im Weißen Haus war Kurz bei Trump-Tochter Ivanka und ihrem Ehemann Jared Kushner zum Essen eingeladen. Beide gelten als wichtige und enge Berater des Präsidenten.
Hochrangiges Treffen als Zeichen „extremer Wertschätzung“
Österreichs Botschafter in Washington, Wolfgang Waldner, wertete die hochrangige Zusammensetzung der US-Delegation als ein Zeichen „extremer Wertschätzung“. Waldner und sein US-Amtskollege in Wien, Trevor Traina, waren ebenfalls anwesend. Die österreichische Delegation besteht aus engen Beratern des Regierunschefs sowie Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer und dem ÖVP-Nationalratsabgeordneten Martin Engelberg.
Kurz vor dem hochrangigen Treffen im Weißen Haus hatte Kurz dem Vorsitzenden des amerikanisch-jüdischen Komitees, David Harris, einen Besuch abgestattet. „Wir dürfen nicht zögern, jede Form von Antisemitismus zu bekämpfen“, schrieb der Kanzler unter zwei Fotos von dem Termin auf seiner Twitter-Seite (siehe unten).
Abendessen mit Außenminister Pompeo
Zum Auftakt des Washington-Besuchs hatte es am Dienstagabend ein Dinner mit Außenminister Mike Pompeo im State Department gegeben. Hauptthema des Abends war die Situation im Nahen Osten, „wo die USA wieder an einer Lösung arbeiten und wahrscheinlich noch in diesem Halbjahr einen Vorschlag präsentieren werden“, erklärte der Kanzler nach dem Termin. Kurz begrüßte die Aktivitäten der USA im Nahostkonflikt. Es sei „immer positiv“, wenn diese einen Vorschlag präsentierten.
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