Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist am Mittwoch als erster österreichischer Regierungschef seit mehr als 13 Jahren im Weißen Haus empfangen worden. Sein Gegenüber, US-Präsident Donald Trump, hatte eine „Wunschliste“ an seinen Gast parat, über die die beiden „zum Teil kontroversiell“ sprachen, wie Kurz im Anschluss mitteilte. Trump wünscht sich etwa von Österreich höhere Verteidigungsausgaben, was Kurz zurückgewiesen habe, wie er sagte: Er habe mit Verweis auf die Neutralität „sehr klar gemacht, dass wir seine Haltungen respektieren, aber dass wir unsere Budgetfragen schon selbst entscheiden“.
Österreich ist weit vom NATO-Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftskraft für Verteidigung auszugeben, entfernt. Trump hat die NATO-Staaten mit der Drohung, aus der Allianz auszusteigen, zu einer Erhöhung ihrer Ausgaben gebracht. Kurz räumte ein, dass Österreich weniger für Verteidigung ausgebe als andere Staaten. Was aber den „Außeneinsatz“ betrifft, leiste unser Land „einen überdimensional großen Einsatz“, verwies der Kanzler auf die Auslandseinsätze des Bundesheeres.
Kurz sprach zugleich von einer guten Kooperation mit der NATO und sagte, dass viele Mitglieder des Bündnisses „für Teile unserer Sicherheit, insbesondere im Kampf gegen den Terrorismus, einen Beitrag leisten“. Österreich sei froh, dass die USA und andere Staaten gegen den IS-Terror kämpfen, weil es hier ein „geschlossenes militärisches Vorgehen“ brauche, an dem sich Österreich aufgrund seiner rechtlichen und sonstigen Möglichkeiten nicht beteiligen könne.
„Ein Wort des Dankes ist kein Fehler“
Auch bei der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit sei man auf die USA angewiesen. „Ein Wort des Dankes ist da kein Fehler“, sagte Kurz. „Gleichzeitig erwarten wir uns Verständnis für die österreichische Situation, die aufgrund unserer Geschichte, aufgrund unserer guten, friedlichen Nachbarn anders ist als in anderen Teilen dieser Welt.“
Kurz sagte, dass das Gespräch mit Trump zum Teil kontroversiell gewesen sei. „Ich glaube, dass grundsätzlich die US-Administration ein Interesse an guten Beziehungen hat, aber in vielen Sachfragen sind wir unterschiedlicher Meinung.“
Gaspipeline Nord Stream 2: „Wir stehen zu diesem Projekt“
„Ein großes Thema“ beim Gespräch mit Trump sei auch das von den USA bekämpfte deutsch-russische Pipelineprojekt Nord Stream 2 gewesen. Österreich sei diesbezüglich „sehr klar in unserer Position“, weil es Versorgungssicherheit brauche. „Wir stehen zu diesem Projekt.“ Grundsätzlich sei man offen für Lieferungen von US-Flüssiggas, aber der Preis dafür sei „derzeit kein wettbewerbsfähiger“. „Insofern wird das Gas für Österreich weiter hauptsächlich aus Russland kommen.“
Kurz und Trump sprachen auch über Russland, den Nahostkonflikt und Nordkorea. „Nicht angesprochen“ wurde von Trump die Frage der Rücknahme von in Syrien festgehaltenen österreichischen IS-Kämpfern, so Kurz in der „ZiB 2“ (hier in der ORF-TVthek zu sehen). Er bekräftigte diesbezüglich die Position, dass Sicherheit vorgehe und es sich nur um „sehr, sehr wenige Fälle“ handle.
„Überraschungen gab es keine“
Kurz wurde von den Journalisten auch zu seinen persönlichen Eindrücken von Trump befragt. „Überraschungen gab es keine“, sagte der Kanzler. „Vieles von dem, was man gehört hat, erlebt man dann auch.“ Trump sei im persönlichen Gespräch so, wie er auch medial wahrgenommen werde. „Ich habe nicht den Eindruck, dass er sich medial stark verstellt.“ Bei Themen, die ihm wichtig erscheinen, sei Trump „unglaublich committed (engagiert), direkt, klar“.
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