Treffen im Weißen Haus
Kurz bei Trump: US-Zeitung sieht „Seelenverwandte“
Nicht nur die österreichische Öffentlichkeit hat am Mittwoch mit Spannung auf das Treffen von Bundeskanzler Sebastian Kurz mit US-Präsident Donald Trump geblickt - auch US-Medien berichteten ausführlich über die seltene Ehre, die Kurz zuteilwurde. Die „New York Times“ widmete der Begegnung einen ausführlichen Artikel, in dem unter anderem von einer „Seelenverwandtschaft“ zwischen dem jungen Kanzler und dem impulsiven Präsidenten die Rede ist. Die Koalition mit der „extrem rechten“ FPÖ alarmiere die europäische Linke, habe Kurz aber „äußerst attraktiv für Herrn Trump und seine Berater“ gemacht, so die führende liberale US-Zeitung.
„Am Mittwoch gewährte Trump Kurz ein Vieraugengespräch und ein Treffen in größerem Rahmen mit führenden Beratern - diese Art der Anerkennung bekommen Führer kleinerer Länder fast nie, ausgenommen der Premierminister Irlands rund um den St. Patrick‘s Day“, heißt es in dem Artikel mit dem Titel „Trump kultiviert einen Seelenverwandten von einem Kontinent, den er sich oft zum Feind gemacht hat“.
Angesichts des Schneefalls in Washington sei es durchaus passend für Trump gewesen, sich mit dem politischen Führer „eines pittoresken Alpenlandes beim Kamin aufzuwärmen. Aber Trumps Treffen im Oval Office mit Kurz hatte weniger mit Schlittenfahrten und heißer Schokolade zu tun als mit deren gemeinsamer Vorliebe für Nationalismus und einen entschlossenen Kampf gegen Immigration.“
Trump am Kamin „großväterlich“
Die Zeitung machte auch einen „großväterlichen Ton“ bei Trump aus, als dieser Kurz‘ Aussage über das Tag für Tag kleiner werdende Problem des jugendlichen Alters mit der Bemerkung, „Eines Tages wirst du das nicht mehr sagen“, quittierte.
In dem Artikel kam auch der Nationalratsabgeordnete Martin Engelberg (ÖVP) zu Wort, der darauf hinwies, dass Trump und Kurz nicht über Migration gesprochen hätten. Engelberg, der der österreichischen Delegation im Weißen Haus angehörte, wies auch Vermutungen zurück, wonach Kurz für Trump ein Instrument sei, die EU zu spalten. Kurz sei ein überzeugter Europäer.
Eugen Freund: „Kurz ähnelt eher Bill Clinton als Trump“
Der von der Zeitung ebenfalls befragte SPÖ-Europaabgeordnete und frühere USA-Korrespondent des ORF, Eugen Freund, betonte, dass es ohne die Migrationskrise „keinen Sebastian Kurz gäbe“, dieser sich aber in wichtigen Punkten von Trump unterscheide, etwa durch seine sorgfältige Wortwahl. „Er ähnelt eher Bill Clinton als Trump.“
Mit Blick auf das mittlerweile zerrüttete Verhältnis Trumps mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron hieß es, dass Kurz nicht der erste europäische Jungpolitiker sei, mit dem Trump Freundschaft geschlossen habe. „Und Kurz ist auch nicht der einzige Nationalist, der die Aufmerksamkeit des Präsidenten bekommen hat“, heißt es mit Verweis auf „andere europäische Populisten“ wie Ungarns Premier Viktor Orban oder den italienischen Regierungschef Giuseppe Conte.
Kluft USA - Europa vertieft sich
Auch der jüngste Nahost-Gipfel in Warschau sei eine „Belohnung“ für die dortige Rechtsregierung gewesen, nach Ansicht von Experten gibt es aber kaum Hinweise, dass diese Bemühungen den USA greifbare Ergebnisse gebracht hätten. Vielmehr sei die Kluft zu Verbündeten wie Deutschland und Frankreich vertieft worden.
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