Diplomat im Interview

Britischer Botschafter glaubt noch an Brexit-Deal

Österreich
21.02.2019 16:34

Der britische Botschafter in Österreich, Leigh Turner, war am Donnerstag zu Gast im krone.tv-Studio. Im Mittelpunkt des Gesprächs mit Damita Pressl stand der am 29. März bevorstehende Austritt Großbritanniens aus der EU und das damit einhergehende innenpolitische Chaos in London. Am Mittwoch sind deshalb sogar drei Abgeordnete der regierenden Tories aus der Partei ausgetreten. Leigh Turner zeigte sich trotz aller Befürchtungen, dass es zu einem ungeordneten Austritt kommen könnte, zuversichtlich und meinte: „Wir gehen davon aus, dass es noch einen Brexit-Deal geben wird.“

Turner, der spätestens im Jänner 2018 die Herzen der Österreicher eroberte, weil er im luftigen Schottenrock zum Neujahrsempfang bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen geradelt war, und der im Mai 2017 im Lainzer Tiergarten bei einer Wildschwein-Attacke an der Hand verletzt worden war, hält einen Erfolg von Nachverhandlungen mit Brüssel noch immer für möglich.

Leigh Turner, britischer Botschafter in Österreich (Bild: Damita Pressl)
Leigh Turner, britischer Botschafter in Österreich
(Bild: stock.adobe.com)

Klare Position der EU-Verhandler
Unsere Experten sind in Brüssel und besprechen die Möglichkeiten, die auch in unserem Parlament unterstützt werden.“ Es müsse eine gute Lösung für beide Seiten gefunden werden. Dass das bereits ausverhandelte Paket nicht mehr geöffnet wird, habe „Brüssel bereits klar gesagt“ und natürlich müsse man sich auch auf die Möglichkeit eines „No Deals“ vorbereiten.

Wohl keine gravierenden Änderungen für Reisende
Für den Fall eines „No Deals“ sei man in Kontakt mit der österreichischen Regierung, was die Situation der britischen Bürger betrifft. „Das sind ungefähr 11.000. Deren Rechte sind mir sehr wichtig und ich versuche, diese zu beschützen. Auch hier arbeiten wir an den Details“, erläuterte der Spitzendiplomat, der auch einen Blog betreibt. Es gehe um bürokratische Abläufe. „Wir beraten unsere Bürger, bei der Botschaft bekommt man alle Informationen. Ich werde hier lange keinen Mangel an Arbeit haben“, so Turner, der auch in Zukunft für Reisende keine gravierenden Änderungen und Schwierigkeiten erwartet.

Interviewerin Damita Pressl mit dem britischen Botschafter in Wien, Leigh Turner (Bild: Damita Pressl)
Interviewerin Damita Pressl mit dem britischen Botschafter in Wien, Leigh Turner

40.000 Arbeitsplätze durch österreichische Firmen in Großbritannien
Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und Großbritannien seien nach wie vor hervorragend. Der Handel entwickelte sich laut Turner auch nach dem Brexit-Referendum gut. Hunderte österreichische Firmen investieren weiterhin in Großbritannien und haben 40.000 Arbeitsplätze geschaffen. Auch im Bildungsbereich sind keine Komplikationen zu erwarten. „Wir haben nicht die schlechtesten Universitäten und Schulen, das ist auch für Österreicher interessant.“ Ob das Studieren für Österreicher in Großbritannien teurer werde, bleibe noch abzuwarten.

Prinz Charles und der britische Botschafter anlässlich eines Besuches im Cafe Demel (Bild: APA/HERBERT PFARRHOFER)
Prinz Charles und der britische Botschafter anlässlich eines Besuches im Cafe Demel
Bundespräsident Alexander Van der Bellen und der britische Botschafter Leigh Turner (Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)
Bundespräsident Alexander Van der Bellen und der britische Botschafter Leigh Turner
Leigh Turner und Doris Bures (SPÖ) (Bild: APA/BUNDESHEER/CARINA KARLOVITS)
Leigh Turner und Doris Bures (SPÖ)

Innenpolitisches Brexit-Chaos in Großbritannien
Fest steht schon jetzt, dass der Austritt der drei EU-freundlichen Abgeordneten am Mittwoch einen weiteren Tiefschlag für die Konservative Partei und ihre Chefin, die Premierministerin Theresa May, bedeutet. Die Abtrünnigen, die ihren drastischen Schritt mit dem desaströsen Umgang mit dem Brexit begründeten, schlossen sich einer neuen „Unabhängigen Gruppe“ im Unterhaus an, die zuvor von mehreren ausgetretenen Mitgliedern der oppositionellen Labour-Partei ins Leben gerufen worden war.

Jean-Claude Juncker und Theresa May (Bild: AP)
Jean-Claude Juncker und Theresa May

Politisch geschwächt traf sie dann am Mittwochabend in Brüssel EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Durchbruch gab es nach diesem Gespräch keinen zu vermelden, sondern bloß die Zusage, dass man noch im Februar ein weiteres Treffen plane. Sollten bis 29. März keinerlei Verhandlungserfolge erzielt werden, kommt es zu einem ungeordneten Brexit.

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