Raue Sitten

“Bad Lieutenant”: Nicolas Cage als Cop ohne Gewissen

Kino
24.02.2010 14:37
Es war doch eine gewisse Überraschung, als Werner Herzog im Wettbewerb der vergangenen Filmfestspiele von Venedig mit "Bad Lieutenant" einen spannenden, absurden und einfach gelungenen Neo-Film-Noir ablieferte. Laut dem deutschen Regisseur bot die Zeit der wirtschaftlichen Depression einfach das "richtige Klima" für einen Genre-Film dieser Art. Und eine solche Konsequenz in der Hollywood-Arbeit mit Nicolas Cage und Eva Mendes hätte man dem einstigen Autorenfilmer gar nicht mehr zugetraut.

Herzogs "Bad Lieutenant - Cop ohne Gewissen" orientiert sich im Kern an Abel Ferraras gefeiertem "Bad Lieutenant" aus dem Jahr 1992, doch für den in den USA lebenden Regisseur war der Film angeblich keine Referenz. "Ich kenne weder Ferrara noch seine Filme", behauptete er damals. Ferrara hatte zuvor erklärt, dass er sich "beraubt" fühle und allen Beteiligten wünsche, sie mögen "in der Hölle schmoren". 

Statt Harvey Keitel ist nun Nicolas Cage als drogensüchtiger und ausgeflippter Cop zu sehen, der diesmal einen Massenmord im Drogenmilieu von New Orleans aufzuklären hat und dabei selbst tief in den Sumpf aus Banden und Gangs gerät.

Ermittlungen im zerstörten New Orleans
Dass das vom Hurrikan Katrina zerstörte New Orleans als Kulisse diente, lag wohl unter anderem an den massiven Steueranreizen für Produzenten, wenn dort gedreht wurde. Doch die drückende Atmosphäre erweist sich auch als ideal für den Film: Nicolas Cage alias Terence McDonagh von der Mordkommission stolpert nur mit Schmerzmitteln durch die Stadt, weil ihm der Rücken seit einer Rettungsaktion höllisch wehtut. Gleichwohl will der Detective unbedingt den grausamen Vielfachmord an einer afrikanischen Einwandererfamilie aufklären. Die fragwürdigen und skrupellosen Methoden von McDonagh bleiben jedoch nicht lange unentdeckt.

Herzog, der das Originalskript an mehreren Stellen veränderte, streute seinen beiden Stars Rosen: "Ich war gesegnet, mit Nicolas Cage und Eva Mendes arbeiten zu können." Cage habe sofort verstanden, wie er sich die Rolle vorstelle. Und Cage lobte zurück: "Das ist nicht schwer, wenn man einen großen Regisseur hat." Cage, gerne abonniert auf die Rolle des Drogen-Freaks ("Leaving Las Vegas"), liefert unter Herzog eine ausgesprochen gute Vorstellung und trieb - etwa in einer Szene mit zwei alten Damen im Pflegeheim - mit seiner Improvisationskunst das Publikum in Venedig sogar bis zum Szenenapplaus.

Eva Mendes spielt "geprügelte Seele"
Mendes spielt eine Prostituierte und Freundin des fertigen Polizisten und mochte ihre Figur sofort: "Sie ist eine geprügelte Seele, eine komplizierte Frau", erklärte sie und gab zu, die nicht gerade sehr dankbare Rolle angenommen zu haben, bevor sie noch das Skript gelesen habe. "Ich hörte 'Werner Herzog' und sagte 'ja', und dann hörte ich 'Nicolas Cage' und sagte 'oh ja'." Für sie war es der zweite Film mit Cage - und alles habe sie nicht verstanden, gestand sie Herzog, etwa die Szenen aus der Perspektive von Leguanen und Alligatoren. Diese absurden Drogen-Halluzinationen des Protagonisten gehören zu den komischsten Szenen des Films.

Das sagt "Krone"-Kinoexpertin Christina Krisch zum Film: Authentisch, düster, abgründig. Und das Beste, was Werner Herzog seit dem Tod von Klaus Kinski ("Aguirre - Der Zorn Gottes") inszeniert hat. Herzog stürzt den manischen Schmerzens-Cop in ein Fegefeuer aus psychischem Verfall und Selbstverlust und offeriert uns einen eindringlichen und modernen Film Noir, der dem Sog des Bösen und der Verzweiflung eindrücklich folgt.

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