Mehr als 30 Jahre war man liiert. Sie glaubte bis zuletzt an eine „gute Ehe“: Da hatte er längst eine andere. Alle wussten es, sie erfuhr es auf die harte Tour, erwischte das Paar in ihrer Wohnung. In die Scheidung willigte sie ein. Aber was sie eigentlich wollte: ihn zurück. Er nicht. Da stach sie zu. Prozess in Wien.
Da sitzt die 59-Jährige auf der Anklagebank: rosa Kleid, Haare teils hochgesteckt. Ihr „ganz, ganz braves Leben“, wie es der Verteidiger beschreibt, sieht man ihr an. Man hatte stets gearbeitet, die Wohnung hatte sich das Ehepaar „vom Mund abgespart“, die Stieftochter hatte die Angeklagte großgezogen. 2017 erfährt sie von der Affäre. Bis dahin „war alles in Ordnung. Ich habe meinen Mann geliebt. Ich liebe ihn immer noch.“ Sie hält kurz inne, sagt dann: „Aber vielleicht war es einseitig.“
„Ich wollte eigentlich: Familie“
Sie muss ausziehen. „Wie geht es Ihnen da?“, fragt Richterin Andrea Wolfrum. Sie zuckt mit den Schultern: „Einsam, wütend.“ Sie beginnt auch wieder zu trinken, wie schon vor der Ehe. Und es schmerzt fast, als sie sagt: „Ich habe nichts mehr. Ich wollte eigentlich: Familie.“
Dann im Vorjahr, nach einem Besuch des Ex-Gatten, kommen bei einer Flasche Wein Gefühle hoch: „Ich wollte ihn zurück.“ Sie fährt zu ihm, nimmt aber ein Messer mit: „Ich wollte ihm nur drohen!“ Im Stiegenhaus trifft man aufeinander. Er nimmt ihr das Handy weg, will kein Gespräch und sie stehen lassen, dreht sich um. Da sticht sie zu, einmal, leicht: „Es war die Eifersucht, die Ohnmacht, der Alkohol, alles war komisch in mir.“ Er flüchtet leicht verletzt, sie geht sofort zur Polizei. Zwei Jahre Haft, davon acht Monate unbedingt.
Silvia Schober, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.