Antisemitismus-Studie

Arabischsprachige Gruppe liefert Grund zur Sorge

Österreich
01.03.2019 12:18

Eine Studie im Auftrag des Parlaments sieht in Österreich einen „Kern-Bodensatz“ für Antisemitismus von zehn Prozent. Weiter verbreitet ist die Judenfeindlichkeit bei Menschen, die Türkisch oder Arabisch sprechen, erhob das Institut IFES. Für Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sind diese Ergebnisse „besorgniserregend“, er sieht eine „gesamteuropäische Herausforderung“ bei diesem Thema.

Befragt wurden für die Antisemitismus-Studie von IFES insgesamt 2700 Personen in einem „Methoden-Mix“ - also sowohl telefonisch als auch online und im direkten Gespräch. Eine sogenannte Aufstockungsgruppe stellten dabei Türkisch und Arabisch sprechende Menschen dar. Jeweils wurden an die 300 Personen befragt. Die Studie befindet sich derzeit kurz vor Fertigstellung, ein endgültiges Ergebnis wird voraussichtlich in zwei Wochen vorliegen.

Antisemitismus im langjährigen Trend rückläufig
Die Muster, wo und in welchen Gruppen Antisemitismus verbreitet ist, sind laut IFES vielschichtig. So sei zwar ein harter „Kern-Bodensatz“ von zehn Prozent an Menschen mit antisemitischen Einstellungen zu beobachten, dieser Prozentsatz ist jedoch im langjährigen Vergleich rückläufig. Lerneffekte führten auch zu positiven Veränderungen, junge und gebildete Menschen seien zudem resistenter gegen Antisemitismus.

(Bild: AFP)

Weiter verbreitet ist Antisemitismus allerdings bei jenen Menschen in Österreich, die Türkisch oder Arabisch sprechen. Das zeige sich auch durch eine signifikante Ablehnung des Staates Israel. Der Aussage „Wenn es den Staat Israel nicht mehr gibt, dann herrscht Frieden im Nahen Osten“ stimmten insgesamt zehn Prozent zu, arabischsprachige Menschen stimmten aber mit 70 Prozent zu. Bei Türkischsprachigen war es knapp die Hälfte.

Sobotka: „Eine gesamteuropäische Herausforderung“
„Antisemitismus ist eine gesamteuropäische Herausforderung, der man sich immer wieder aufs Neue stellen muss“, kommentierte Nationalratspräsident Sobotka diese ersten Ergebnisse. Österreich sei keine Insel der Seligen, weswegen das gesellschaftliche Problem des Antisemitismus auch in Österreich umfassend und auf wissenschaftlicher Basis beleuchtet werden müsse.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) (Bild: APA/Hans Punz)
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP)

Seit Längerem werde in der gesamtgesellschaftlichen Diskussion die Frage nach einem „importierten Antisemitismus“ gestellt, diese dürfe aber nicht auf Grundlage von Behauptungen und Mutmaßungen erfolgen, sondern müsse auf einer soliden empirischen Basis stehen, so Sobotka. Die jüngsten Entwicklungen in Frankreich und auch anderen europäischen Staaten zeigten diese Notwendigkeit klar auf.

Edtstadler: „Antisemitismus hat keinen Platz in unserer Gesellschaft“
„Die Tatsache, dass Antisemitismus bei Menschen, die zu Hause Türkisch oder Arabisch sprechen, weitverbreitet ist, zeigt klar auf, dass wir den Kampf gegen Antisemitismus intensiv verstärken und gezielt bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund ansetzen müssen“, betonte Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP). Die Regierung plane dazu ein Bündel an Maßnahmen, das bald im Ministerrat beschlossen werden soll.

Karoline Edtstadler (ÖVP) (Bild: APA/Georg Hochmuth)
Karoline Edtstadler (ÖVP)

„Ich selbst setze weiterhin alles daran, dass allen Schülerinnen und Schülern ein Besuch in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen ermöglicht wird“, so die 37-Jährige. Einen besonderen Fokus will sie in Zukunft auf muslimische Jugendliche setzen. „Außerdem werden wir unser Projekt Zeitzeugengespräche an Schulen fortsetzen. Denn nur wenn man selbst gesehen und gehört hat, welches Leid Antisemitismus erzeugt hat, wird man resistent gegen diese furchtbare Wertehaltung“, ist die Staatssekretärin überzeugt. Denn: „Antisemitismus hat keinen Platz in unserer Gesellschaft!“

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