Der Atlas-Verbund vereint die 38 polizeilichen Anti-Terror-Einheiten von Europa. Das Einsatzkommando Cobra baut derzeit das erste Atlas-Unterstützungsbüro in Den Haag auf.
Die Anti-Terror-Einheiten des Atlas-Verbundes haben eine sehr große Verantwortung: Sie müssen für jede noch so brenzlige Gefahrenlage Lösungen parat haben. Auch wenn sie vorrangig für die Sicherheit in ihrem eigenen Staat verantwortlich sind, ist eine Kooperation zwischen den einzelnen Einheiten wertvoll - und zwar, um voneinander zu lernen. Daher hat der Rat der Europäischen Union vor 18 Jahren den Auftrag erteilt, den Atlas-Verbund zu gründen.
Gemeinsame Einsätze wie bei G20-Gipfel oder München-Amokläufer
Über diesen Verbund werden gemeinsame und grenzüberschreitende Übungen organisiert. Auch gemeinsame Einsätze stehen auf der Agenda, wie 2016 in München, als Ali S. (18) neun Menschen und sich selbst erschoss. Oder wie 2017 beim G20-Gipfel in Hamburg.
Tiroler Cobra-Beamter baut Büro in Den Haag auf
Das österreichische Einsatzkommando Cobra hat bis 2020 den Vorsitz innerhalb des Atlas-Verbundes inne. Und die Verantwortlichen haben noch viel vor! Der Tiroler Cobra-Beamte Alfred Spörr (37) wurde im November 2018 nach Den Haag entsandt, um bei Europol - der Polizeibehörde der Europäischen Union - ein Atlas-Unterstützungsbüro aufzubauen. Die Aufgabenbereiche sind klar definiert.
Leitung kann nicht gehackt oder abgehört werden
„Europol kommuniziert mit allen Ländern über eine sichere Leitung, die nicht abgehört oder gehackt werden kann. Bisher können allerdings nur die national autorisierten Stellen der Innenministerien damit kommunizieren. Wir arbeiten daran, dass zukünftig auch alle Atlas-Anti-Terror-Einheiten Zugriff auf diese sichere Leitung erhalten, um Daten auszutauschen“, klärt Spörr auf. Österreich sowie sechs weitere Atlas-Anti-Terror-Einheiten haben den Zugriff auf diese sichere Leitung mittlerweile realisiert.
Eigene Trainingszentren
Ein weiteres Ziel ist, innerhalb des Atlas-Verbundes eigene Trainingszentren zu bauen. „Derzeit müssen wir uns immer neue Schauplätze für die Trainingseinheiten in Flugzeugen, auf Schiffen oder in Gebäuden organisieren, was sehr viel Geld verschlingt. Hätten wir eigene Zentren, würden wir Geld sparen und könnten dort gemeinsam sowie jede Sondereinheit für sich trainieren“, erläutert Spörr die Vorteile. An einem Pilotprojekt wird bereits rege gearbeitet. Dabei handelt es sich um ein Trainingszentrum in Italien. Es steht schon, doch es muss umfassend modernisiert und vor allem ausgebaut werden. Weitere Projekte in Ungarn und der Slowakei wurden ins Auge gefasst.
„Das ist Pionierarbeit“
Doch die Atlas-Verantwortlichen denken sogar in noch größeren Dimensionen. Das Büro in Den Haag soll künftig auch eine Art Einsatzleitung werden. „Sobald es eine Gefahrenlage für eine Atlas-Sondereinheit gibt, soll von dieser eigenen Leitstelle aus unterstützt und koordiniert werden - und zwar grenzüberschreitend“, klärt der Tiroler auf.
Bekannterweise macht der Ton die Musik, das trifft auch auf die Visionen des Atlas-Verbundes zu. „Wir arbeiten derzeit an der Finanzierung für unsere Vorhaben. Unter der Schirmherrschaft von Europol hoffen wir auf die Mitwirkung von Experten, um die nötigen finanziellen Mittel von der Europäischen Union zu lukrieren“, erklärt Spörr und führt weiter aus: „Europol unterstützt unsere Vorhaben, was Pionierarbeit ist. Bereits vereinbarte Punkte müssen Schritt für Schritt umgesetzt werden, damit wir ab 1. Juli 2019 in voller Funktion starten können.“
Der Atlas-Vebrund: Daten und Fakten
Im Jahre 1996 wurde vom Rat der EU der Auftrag erteilt, den Atlas-Verbund zu gründen. Mit der operativen Aufbauarbeit wurde allerdings erst nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 in Amerika begonnen: Das erste Treffen der Kommandanten der Sondereinheiten fand unmittelbar danach statt.
Die grundlegende Aufbauarbeit wurde von den polizeilichen Anti-Terror-Einheiten in Österreich, Deutschland, Frankreich, Belgien und den Niederlanden geleistet. Der Atlas-Verbund vereint die 38 europäischen Polizei-Sondereinheiten der 28 EU-Mitgliedsstaaten, und assoziierter Staaten wie zum Beispiel Island und die Schweiz. Einige Länder haben sogar mehr als eine Anti-Terror-Einheit.
Atlas ist keine Abkürzung, sondern die Bezeichnung bezieht sich auf den gleichnamigen Titanen aus der griechischen Mythologie, der den Himmel auf seinen Schultern trägt. Diese Kraft und Stärke empfanden die Kommandanten der Atlas-Sondereinheiten als passend für den Verbund. Und die Bezeichnung ist neutral, kann somit keinem Land zugeordnet werden.
Alle vier Jahre wählen die Kommandanten eine Anti-Terror-Einheit, die für insgesamt vier Jahre den Vorsitz übernimmt. Diese Sondereinheit betreibt währenddessen immer ein Atlas-Kontakt-Büro in ihrem Land, in dem strategische Aufgaben abgewickelt werden. Noch bis 2020 hat das Einsatzkommando Cobra den Vorsitz zum ersten Mal inne.
Jasmin Steiner, Kronen Zeitung
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