Weckruf an EU-Bürger
Macron: „Europa war noch nie in solcher Gefahr“
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat sich knapp drei Monate vor der Europawahl mit einem flammenden Appell an die Bürger der Europäischen Union gewandt und einen „Neubeginn“ für das Projekt EU gefordert. „Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war Europa so wichtig. Und doch war Europa noch nie in so großer Gefahr“, schreibt Macron in einem Gastbeitrag, der am Dienstag in mehreren Zeitungen in den EU-Staaten erschien und den er selbst als Weckruf bezeichnet.
„In wenigen Wochen wird die Europawahl über die Zukunft unseres Kontinents entscheiden“, warnt Macron. „Unser Kontinent steht an einem Scheidepunkt, an dem wir gemeinsam in politischer und kultureller Hinsicht die Ausgestaltung unserer Zivilisation in einer sich verändernden Welt neu erfinden müssen.“ Europa müsse voranschreiten - nicht im Gleichschritt, aber „offen für alle“. Dabei biete der Nationalismus den Menschen nichts, er sei ein „Projekt der Ablehnung“.
Europäische Agentur soll Demokratie schützen
Macrons Programmvorschlag orientiert sich an dem Streben nach Freiheit, Schutz und Fortschritt und sieht unter anderem die Gründung einer europäischen Agentur für den Schutz der Demokratie vor. Diese Agentur soll in jeden EU-Mitgliedsstaat Experten schicken, die etwa Wahlen vor Manipulationen schützen sollen. Die Finanzierung europäischer Parteien durch „fremde Mächte“ sollte verboten werden.
Reform der Wettbewerbspolitik gefordert
Wirtschaftlich fordert Macron eine Reform der Wettbewerbspolitik. Man solle „Unternehmen bestrafen oder verbieten, die unsere strategischen Interessen und unsere wesentlichen Werte untergraben, wie Umweltstandards, Datenschutz und eine Entrichtung von Steuern in angemessener Höhe“, so der französische Präsident. Außerdem gelte es, in strategischen Branchen und bei öffentlichen Aufträgen europäische Unternehmen zu bevorzugen. Vorbild seien hier die USA oder China. „Internetgiganten“ sollten besser überwacht werden, gleichzeitig müsse Innovation finanziell besser gefördert werden.
Gemeinsame Grenzpolizei und europäische Asylbehörde
Auch verteidigungspolitisch müsse man in Europa mehr zusammenhalten - dabei geht Macron trotz des Brexit auch einen Schritt auf die Briten zu. Die Ziele seien „Erhöhung der Militärausgaben, Anwendungsfähigkeit der Klausel über die gegenseitige Verteidigung, Europäischer Sicherheitsrat unter Einbeziehung Großbritanniens zur Vorbereitung unserer gemeinsamen Entscheidungen“. Macron schlägt außerdem eine gemeinsame Grenzpolizei und eine europäische Asylbehörde vor. Es müsse zudem „europäische Solidarität unter der Aufsicht eines Europäischen Rats für innere Sicherheit“ geben.
Macrons Kolumne erscheint in einer Zeit steigender Spannungen im Westen: Großbritannien steht kurz vor dem Austritt aus der EU, während die transatlantischen Beziehungen unter US-Präsident Donald Trump auf einem Tiefstand angelangt sind.
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