Smartphone-Hersteller und Netzwerkspezialisten haben der Öffentlichkeit kürzlich am Mobile World Congress (MWC) in Barcelona einen Blick in die Zukunft gewährt. Sündhaft teure Falt-Smartphones und der kommende Mobilfunkstandard 5G sollen die Branche in eine goldene Ära führen. Doch für den einzelnen Smartphone-Nutzer ist beides noch lang nicht greifbar. Falt-Smartphones müssen noch reifen und bei 5G fragt der Privatnutzer, wozu er solch hohe Datenraten überhaupt braucht. Wir haben nachgeforscht.
Antworten haben wir beim chinesischen Netzwerkriesen Huawei gefunden, der auf der Messe gleich eine halbe Halle angemietet hat, um Geschäftspartnern und Presse das 5G-Wunderland näher zu bringen. Handymasten von ganz groß bis ganz klein, Antennen für die Hausfassade, 5G-Router für daheim, portable 5G-Modems mit Akku: Die Chinesen haben inmitten der bisher größten Vertrauenskrise der Firmengeschichte ein ganzes 5G-Ökosystem präsentiert.
Superscharfes 8K-Streaming, sehr niedrige Latenzen
Auch Anwendungsszenarien gab es am Huawei-Messestand zu bestaunen. Da wurden Live-Bilder in 8K-Auflösung - satte 7680 mal 4320 Pixel - vom Strand aufs Messegelände gestreamt, komplexe 3D-Bilder unter Berücksichtigung der Augenbewegung nahezu verzögerungsfrei (10 Millisekunden Latenz) an brillenlose 3D-Bildschirme ausgeliefert und Anwendungsszenarien für die Industrie der Zukunft ausgebreitet, bis hin zur vernetzten Fischzucht.
Symptomatisch war dabei, dass man kaum eine Demo zu den 5G-Vorzügen am Smartphone gesehen hat, obwohl es auf der Messe von entsprechenden Endgeräten nur so gewimmelt hat. Deutlich mehr Info gab es zu 5G als Funkturbo für die Industrie, als - leidgeprüfte DSL-Nutzer sehnen es herbei - Festnetzersatz im ländlicheren Raum, als latenzarmes Vehikel für Virtual-Reality- und Spiele-Streaming. Kurzum: 5G ist nicht nur ein Thema für das Smartphone, sondern im Prinzip eine Kampfansage ans Festnetz.
Warten auf Netzausbau und günstige Tarife
Am Anfang steht aber der Netzausbau. Hier hat man in Österreich gerade die ersten nötigen Funkfrequenzen an die Provider versteigert, anschließend - die Landeshauptstädte will man bereits 2020 versorgen - wird man die bestehenden Handymasten mit 5G-Antennen ausrüsten und schließlich in der nächsten Ausbaustufe Kleinzellen an belebten Orten wie Bahnhöfen oder Einkaufszentren installieren. Bis zur Vollendung des 5G-Netzes wird es da noch etliche Jahre dauern, dort und da braucht es für den superschnellen Mobilfunk wohl erst einmal noch Investitionen ins Glasfasernetz als die einzelne 5G-Knoten verbindendes Backbone.
Und dann wäre da noch die Frage der Tarife: Nicht jeder Handynutzer ist gewillt, signifikant mehr für 5G-Speed zu bezahlen, wenn er doch zumeist auch mit 4G (LTE) zurande kommt. Die breite Masse wird also wohl erst umsteigen, wenn der 5G-Tarif preislich konkurrenzfähig ist oder der neue Standard überhaupt keinen Aufpreis mehr mit sich bringt. Bei LTE hat diese Entwicklung Jahre gedauert.
5G ist der Standard für die Zukunft
Angesichts von LTE-Geschwindigkeiten von 100 Megabit und mehr in der Sekunde wird manch ein User überhaupt fragen, wozu er noch schneller surfen müsste. Selbst für 4K-Streaming ist LTE bei gutem Empfang flott genug. Für soziale Medien, News, Mails und Messaging, ja auch Videotelefonie ist man mit LTE gut gerüstet, wenn nicht gerade zur Stoßzeit das Netz überlastet ist. Will man den Nutzen von 5G einschätzen, muss man also weiterdenken.
Zum Beispiel in eine Zukunft, in der Unternehmen und Privathaushalte im ländlichen Raum nicht mehr mit den überschaubaren Übertragungsraten Vorlieb nehmen müssen, die ihnen heute geboten werden. Sondern in der man auch im 2000-Seelen-Ort Satellitenschüssel und TV-Antenne ausmustern kann und schnell genug für mehrere parallele 4K-Streams im Mehrfamilienhaus ans Web angebunden ist. Oder in der autonome Fahrzeuge Güter transportieren oder Passagiere befördern, während die auf ihre Sensoren einprasselnden Eindrücke nahezu verzögerungsfrei in einem weit entfernten Rechenzentrum ausgewertet werden.
Ist 5G-Mobilfunk ungesund?
Neben neuen Möglichkeiten birgt 5G nach Ansicht von Gegnern der Technologie auch Risiken. Bedenken gegenüber Mobilfunkstrahlung und unerwünschter Nebeneffekte auf die Gesundheit wie höherem Krebsrisiko sind dabei alles andere als neu und begleiten die Branche seit dem GSM-Handy. Die insbesondere nach der Installation großer Mengen von Kleinzellen wachsende Zahl an Basisstationen verunsichert Mobilfunk-Skeptiker aber noch einmal etwas stärker als früher.
Tatsächlich gab es beispielsweise in der Schweiz erfolglose Bestrebungen seitens der Mobilfunker, anlässlich des 5G-Ausbaus die Strahlenschutzgesetze zu lockern. Das Ansinnen wurde abgewiesen, die strengen Grenzwerte dürften den Netzausbau etwas teurer machen als gedacht, weil nun statt weniger stark strahlender Handymasten mehr schwächer strahlende notwendig werden.
Huawei hat schon 10.000 5G-Stationen aufgestellt
Im 5G-Wunderland, das Huawei auf der Messe aufgebaut hat, versichert man uns auf Nachfrage, dass 5G-Antennen nur unwesentlich stärker strahlen als die bestehenden 4G-Antennen. In den zehn Jahren, die Huawei in die Entwicklung von 5G gesteckt hat, habe man die Leistungsaufnahme kontinuierlich senken und die Strahlenbelastung auf ein vertretbares Minimum reduzieren können. Die Kundschaft jedenfalls sei nicht skeptisch: 10.000 5G-Stationen hat Huawei allein in den letzten vier Monaten weltweit installiert, vor allem für Firmenkunden. Mit mehr als 30 Mobilfunkern in aller Welt haben die Chinesen bereits Verträge über den 5G-Netzausbau geschlossen.
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