Ultimatum abgewiesen

Orban steuert weiter auf Fraktionsausschluss zu

Ausland
06.03.2019 16:35

Die rechtskonservative Fidesz des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban steuert weiterhin auf einen Rauswurf aus der Europäischen Volkspartei (EVP) zu. Die bisherigen Signale aus Budapest seien „nicht ermutigend“, sagte EVP-Fraktionschef Manfred Weber am Mittwoch. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigte sich indes bereits offen für eine Fraktionsgemeinschaft mit Orbans Partei auf EU-Ebene.

Nach jahrelangem Richtungsstreit über den Umgang mit der ungarischen Partei haben 13 von insgesamt 49 Mitgliedsparteien der Europäischen Volkspartei (EVP) offiziell einen Ausschlussantrag gegen Fidesz gestellt, über den am 20. März beim EVP-Vorstand im Europaparlament abgestimmt wird. Weber versucht dies abzuwenden, indem er Orban drei Bedingungen für einen Verbleib in der Fraktion stellte, darunter auch eine Entschuldigung bei den anderen EVP-Mitgliedsparteien.

Juncker: „Orban gehört nicht mehr dazu“
Fidesz-Gründer Tamas Deutsch winkte aber postwendend ab. Er erwarte keine Entschuldigung von Orban, sagte Deutsch am Dienstagabend dem ungarischen TV-Sender ATV. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, dass er für den Ausschluss von Fidesz stimmen werde. „Ich bin der Meinung, er gehört nicht mehr dazu“, sagte er am Dienstag im ZDF.

Viktor Orban und Jean-Claude Juncker (Bild: APA/AFP)
Viktor Orban und Jean-Claude Juncker

„Es kann nur ein gemeinsames Miteinander geben, wenn auch Ungarn einen Beitrag leistet“, betonte Weber. Die EVP stehe für Werte und Grundüberzeugungen. „Und deswegen muss Viktor Orban unterstreichen, dass er zu diesen Werten steht.“ Mit Blick auf einen Ausschluss sagte er, es lägen alle Optionen auf dem Tisch.

ÖVP-Chef Sebastian Kurz sagte, er unterstütze Webers Vorgehen „zu 100 Prozent“. Der Ball liege jetzt bei Orban, fügte der Bundeskanzler nach dem Ministerrat hinzu. „Das ist seine Entscheidung.“ Die ÖVP zählt nicht zu den Parteien, die den Ausschluss von Fidesz beantragt haben.

Kurz und Weber (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Kurz und Weber

Am Mittwochnachmittag wies ein Fidesz-Sprecher das Ultimatum schließlich zurück. „Die Diskussion zwischen der EVP und Fidesz handelt von der Migrationsfrage, in der Fidesz keine Zugeständnisse macht“, so Parteisprecher Balazs Hidveghi. „Für Fidesz ist der Schutz der europäischen christlichen Werte und das Stoppen der Migration wichtiger als die Parteidisziplin. Darin geben wir nicht nach.“

Strache erwartet Neuordnung der Fraktionen nach EU-Wahl
Vizekanzler Strache sagte zu einer möglichen Fraktionsgemeinschaft der FPÖ mit Fidesz, das sei jetzt „noch Theorie“. Er gehe davon aus, dass sich die Fraktionen im Zuge der Europawahl ohnehin völlig neu ordnen werden und „es liegt auf der Hand, dass sich die bei Ausschlüssen neu orientieren werden“. Es könne daher auch ein Weg sein, dass Fidesz in die gleiche Fraktion wie die FPÖ komme, meinte der Vizekanzler auf eine entsprechende Journalistenfrage. Laut dem Portal politico.eu verhandelt Orban bereits mit der von der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen angeführten Fraktion „Europa der Nationen und der Freiheit“ (ENF) über einen möglichen Eintritt. Fidesz dementierte dies allerdings bereits.

(Bild: APA/ROBERT JAEGER)

AfD will Orban „roten Teppich ausrollen“
„Ich würde ihm den roten Teppich ausrollen“, sagte indes der Chef der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD), Jörg Meuthen. Orban sei in der EVP, die längst „linke Politik“ mache, nicht mehr zu Hause, sagte er beim politischen Aschermittwoch seiner Partei.

AfD-Co-Vorsitzender Jörg Meuthen (Bild: AFP)
AfD-Co-Vorsitzender Jörg Meuthen

Drozda: „Kurz muss sich für Ausschluss aussprechen“
SPÖ und Grüne kritisierten die Haltung der ÖVP. Das Ultimatum an Fidesz sei „ein zahnloser Papiertiger mit absurden Bedingungen, die sich noch dazu größtenteils von selbst erledigt haben“, teilte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda am Mittwoch in einer Aussendung mit. Kurz und ÖVP-EU-Spitzenkandidat Othmar Karas müssten „sich endlich klar für den raschen und dauerhaften Ausschluss des ungarischen Rechtspopulisten Orban aus der EVP aussprechen“, forderte er.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda (Bild: APA/Helmut Fohringer)
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda

Der designierte grüne EU-Spitzenkandidat Werner Kogler betonte: „Der plötzliche Schwenk der Kurz-ÖVP kurz vor den EU-Wahlen ist unglaubwürdig und scheinheilig.“

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