Kindesmissbrauch
Ex-Vatikan-Finanzchef zu 6 Jahren Haft verurteilt
Wegen sexuellen Missbrauchs von minderjährigen Chorknaben ist der ehemalige Finanzchef des Vatikans, Kardinal George Pell, zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Der 77-jährige Australier ist in der Geschichte der katholischen Kirche der ranghöchste Geistliche, der jemals wegen KIndesmissbrauchs verurteilt wurde. Als Finanzchef war er praktisch die Nummer drei des Vatikans. Pell nahm die Entscheidung eines Gerichts in Melbourne am Mittwoch ohne sichtbare Regung zur Kenntnis und will gegen das Urteil in Berufung gehen.
Der Kirchenstaat will nun abwarten, was die Berufung bringt, bevor er über weitere Konsequenzen entscheidet. Möglich wäre, dass Pell seine Titel verliert und auch nicht Priester bleiben darf.
Zum Oralsex gezwungen
Der Kurienkardinal war bereits im Dezember von einem Geschworenengericht in Melbourne für schuldig befunden worden, 1996/97 zwei damals 13 Jahre alte Chorknaben missbraucht zu haben. Einen der Jungen zwang er nach Überzeugung des Gerichts zum Oralsex. Zu jener Zeit war Pell Erzbischof der australischen Millionenmetropole. Später machte er dann Karriere im Vatikan.
Frühestens Ende 2023 darf Pell aus Gefängnis entlassen werden
Mit seinem Urteil blieb der Vorsitzende Richter Peter Kidd deutlich unter der möglichen Höchststrafe von 50 Jahren. Strafmindernd wertete er unter anderem Pells Alter, seine Gesundheit und seine Lebensleistung. Er legte jedoch fest, dass der Geistliche frühestens nach drei Jahren und acht Monaten aus dem Gefängnis entlassen werden darf - also Ende 2023. Zudem wurde sein Name ins australische Register für Sexualstraftäter eingetragen.
Nach der Urteilsverkündung wurde Pell von sechs Polizeibeamten aus dem Saal geführt und zurück ins Gefängnis gebracht. Dort sitzt er bereits seit Ende Februar. Der Kardinal und seine Anwälte gaben keinerlei Kommentar ab.
Pell war Nummer drei des Vatikans
Als Finanzchef war Pell praktisch die Nummer drei des Vatikans. Der Australier gehörte auch zu den engsten Beratern des Papstes. Wegen der Vorwürfe ließ er sich 2017 beurlauben. Offiziell war er als Finanzchef jedoch noch bis Februar im Amt. Der Vatikan hatte im vergangenen Monat erklärt, auf sofortige Konsequenzen zu verzichten. Der Kirchenstaat will das Berufungsverfahren abwarten. Pell ist also immer noch Priester und Kardinal.
Papst wegen Missbrauchsskandale unter Druck
Wegen weltweiter Missbrauchsskandale steht Papst Franziskus derzeit stark unter Druck, hart gegen Täter in den eigenen Reihen vorzugehen. Ein historisches Gipfeltreffen im Vatikan mit den Spitzen der Bischofskonferenzen der Welt ging Ende Februar allerdings ohne konkrete Maßnahmen zu Ende. Diese Woche beschäftigt sich auch die Deutsche Botschaftskonferenz auf einer Konferenz mit dem Thema Missbrauch.
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