Riesenaufregung herrscht nach dem „Krone“-Bericht um radioaktive Spitalsabfälle, die in bis zu 100 Atommüll-Fässern im Wiener Hafen illegal entsorgt wurden. Die tickenden Umweltbomben lagern weiter in einem altem Schiffscontainer, Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt Wien ermitteln.
Der spektakuläre Fund von radioaktiven Abfällen im Wiener Hafen sorgt gleichermaßen für Erstaunen und Empörung. Wie berichtet, werden nur wenige Meter vom Donaukanal entfernt Dutzende Fässer mit strahlendem Inhalt in einem rostigen Schiffscontainer gelagert.
Sicherheitsfirma gab Hinweis
Nach einem Hinweis einer renommierten Sicherheitsfirma nahmen Polizisten Freitagvormittag die Liegenschaft in der Freudenau genau unter die Lupe. Der Geigerzähler schlug an, es wurde eine schwache Strahlung angezeigt. Hinter einer einfachen weißen Tür entdeckten die Beamten die tickende Umweltbombe. Bei den Fässern dürfte es sich einerseits um medizinische Abfälle, andererseits um sogenannte Radionuklid-Generatoren handeln, die in der Nuklearmedizin eingesetzt werden. Sie sollen aus Polen eingeflogen und in Spitälern in Wien sowie Innsbruck eingesetzt worden sein.
Entsorgungskosten von bis zu 100.000 Euro
Nach der Verwendung sollten die Behältnisse an sich entweder ordnungsgemäß entsorgt oder wieder zu ihrem Ursprungsort in Polen zurückgebracht werden - ein alter Container ist für radioaktiven Müll wohl nicht die richtige Lagerstätte, wie auch Experten meinen (siehe Interview unten). Insider gehen davon aus, dass sich die zuständige Transportfirma auf diese Weise bis zu 100.000 Euro an Entsorgungskosten gespart haben könnte.
Freizeitsportler tummeln sich auf dem Treppelweg
Die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft laufen. Rund um besagten Container herrscht aber weitgehend Ruhe, wie ein Lokalaugenschein auch am Samstag zeigt. Weil für Mensch, Tier und Umwelt offenbar keine akute Gefahr ausgeht, haben es die Behörden mit dem Abtransport nicht gerade eilig. Und so spazieren und radeln weiterhin viele unbehelligt am radioaktiven Müll im Wiener Hafen vorbei. Die Räumung des Containers ist erst für kommende Woche angesetzt.
„Es gibt klare Regeln“
Roman Beyerknecht, Chef der Nuclear Engineering in Seibersdorf, spricht im „Krone“-Interview über den Fund.
„Krone“: Herr Beyerknecht, Sie können als Experte zum aktuellen Stand der Ermittlungen nur eine Ferndiagnose abgeben. Ein alter Schiffscontainer ist aber wohl nicht der richtige Ort, um radioaktiven Abfall zu lagern.
Roman Beyerknecht: Natürlich nicht. Es gibt in Österreich klar geregelte Abläufe und Vorgänge, wie mit solchen Stoffen umzugehen ist.
Sollten die Fässer nicht eigentlich bei Ihnen landen?
Nuclear Engineering Seibersdorf ist die einzige Stelle in Österreich, die für die Entsorgung von radioaktiven Abfällen zuständig und autorisiert ist. Das ist sogar in der Strahlenschutzverordnung so geregelt.
Was passiert jetzt mit dem brisanten Fund aus Wien?
Die Fässer sind nach Seibersdorf zu verbringen und müssen analysiert werden. Denn ob eine lückenlose Dokumentation vorhanden ist, ist zu bezweifeln.
Welche Gefahr geht von solchen Ablagerungen aus?
Das ist schwer zu beurteilen, weil ich die Situation vor Ort nicht kenne. Die Polizei wird aber abgeklärt haben, dass keine Gefahr im Verzug ist. Ich gehe davon aus, dass wir die Fässer im Laufe der kommenden Woche zugestellt bekommen, dann startet die Analyse.
Oliver Papacek und Christoph Budin, Kronen Zeitung
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