Todesdrama am Berg

Erich T.: Liebe und Tod mit seiner „Pretty Woman“

Salzburg
17.03.2019 06:00

Jahrelang führten Erich und Petronela T. ein Leben auf der Überholspur. Dann, nach einer durchzechten Nacht, lag der Salzburger Szene-Wirt plötzlich tot in der Küche seines Hotels. Seine Frau soll ihn ermordet haben. „Aber ich habe ihn doch geliebt“, sagt sie.

Warum musste Erich T. sterben? War sein Tod ein tragischer Unfall, ein Suizid - oder Mord? Wurde der 57-jährige Salzburger von seiner Ehefrau Petronela umgebracht? Die Menschen in Flachau und den benachbarten Ortschaften wollen endlich Antworten auf diese Fragen bekommen. Denn beinahe jeder von ihnen hat Erich T. gekannt, mit ihm schon einmal ein Bier getrunken oder zumindest kurz geplaudert; ihn, diesen Mann, der nicht nur in der Region, sondern auch weit über die Grenzen seiner Heimat hinweg als extrem angesehen gegolten hatte.

Mit der Lisa Alm, einem Party-Tempel am Grießenkar, wurde der Szenewirt weit über Salzburgs Grenzen hinaus berühmt. Zahlreiche Prominente waren dort zu Gast. (Bild: Andi Schiel)
Mit der Lisa Alm, einem Party-Tempel am Grießenkar, wurde der Szenewirt weit über Salzburgs Grenzen hinaus berühmt. Zahlreiche Prominente waren dort zu Gast.

Viele Prominente waren seine Freunde
Erich T., der berühmte Gastronom, der „Lisa-Wirt“ - Besitzer eines Mega-Partytempels am Grießenkar und unten, im Tal, eines Vier-Sterne-Hotels und mehrerer Ferien-Chalets. Erich T., der Erfolgstyp, der geborene Gewinner. „Er schaffte es, Prominente aus dem In- und Ausland in unsere Gegend zu bringen. Politiker, Schauspieler, Profisportler, die Schönen und die Reichen. Davon profitierten wir alle“, erzählen Berufskollegen über ihn. Erich T., der gute Freund, von vielen: „Er war so lustig, total sympathisch, ein echter Kumpel halt.“ Erich T., ein Mensch, der ein Leben auf der Überholspur führte, im Stakkato Momente daraus auf Facebook postete. Bilder von ihm, immer lachend, immer in Action.

Der Gastronom bei einem Urlaub im vergangenen Sommer, auf Ibiza (Bild: Andi Schiel)
Der Gastronom bei einem Urlaub im vergangenen Sommer, auf Ibiza

„Zuerst dachten wir an einen Herzinfarkt“
Von den Wintersaisonen, wenn er von frühmorgens bis spätnachts in seinem Betrieb arbeitete, ausgelassen mit Gästen feierte; von den Sommermonaten, in denen er sich ebenfalls keine Pause gönnte, seine Alm-Hütte zur Event-Location machte, oder im Ausland unterwegs war, auf Ibiza, in der Karibik - um Party zu machen. Sein Umfeld wusste es: „Er trank Unmengen Champagner, er nahm Kokain.“ Und als sich am 3. März die Nachricht, „dass er nicht mehr ist“, wie ein Lauffeuer in der Gemeinde verbreitete, „dachten wir deshalb sofort an einen Herzinfarkt“. Aber dann wurde plötzlich von Selbstmord gesprochen, „was überhaupt nicht zu ihm zu passen schien“ - bis am 8. März seine Ehefrau Petronela (30) unter Mordverdacht in Untersuchungshaft genommen wurde.

Das Ehepaar arbeitete und feierte viel. (Bild: Martina Prewein)
Das Ehepaar arbeitete und feierte viel.

Wilde Gerüchte - und ein schlimmer Verdacht
Warum musste Erich T. sterben? Gerüchte gehen um, Gerüchte, die mit jedem Tag, der vergeht, absurder werden. Davon, der 57-Jährige sei vielleicht von der Drogenmafia gekillt worden. Oder Bekannte von ihm hätten schon seit Langem ein Mordkomplott gegen ihn geschmiedet - und es letztlich, in einem günstigen Moment, ausgeführt. Wenige glauben, dass seine Frau ihn absichtlich getötet hat, „das trauen wir ihr einfach nicht zu, sie ist doch warmherzig, und sie liebte Erich abgöttisch“, aber es gibt auch einige, die meinen: „Sie mochte ihren Mann in Wahrheit nicht, sie nutzte ihn nur aus.“ Warum musste Erich T. sterben? Was sagt Petronela T. in Verhören über das Drama - und das Davor?

(Bild: Martina Prewein)

„Auf der Alm war die Stimmung noch gut“
Fest steht: Sie und ihr Mann waren in der Stunde seines Todes schwer betrunken, bei ihr wurden kurz danach 2,4 Promille gemessen, die Analysen über seinen Blutalkoholspiegel stehen derzeit noch aus. Die Erinnerungen der Frau an den Ablauf des 2. März? „Seit 9 Uhr früh arbeiteten Erich und ich in der ,Lisa-Alm‘, er im Büro, ich an der Schank und als Bedienung für vier Tische.“ Am Nachmittag, „so gegen 16 Uhr“, sei ein Freund der beiden mit seiner Familie in das Lokal gekommen, „er hatte Geburtstag, Erich und ich schlossen uns der Feier an, die Stimmung war gut“, Hochprozentiges wurde konsumiert. Wann genau die Talfahrt in Erich T.s Pistenraupe, mit ihm am Steuer, gestartet wurde, daran kann sich die Frau, genauso wenig wie die anderen Insassen, kaum erinnern.

Erich T. starb am 3. März in seinem Hotel in Flachau. (Bild: Schiel Andreas)
Erich T. starb am 3. März in seinem Hotel in Flachau.

Das grauenhafte Ende einer Geburtstagsfeier
Die Angaben der Beteiligten sind unterschiedlich, sie schwanken zwischen 20 und 23 Uhr. Die 30-Jährige: „Ich glaube, dass sehr spät war.“ Fakt ist bloß: Letztlich wurde in der Bar des „Lisa-Hotels“ weitergezecht, in großer Runde. Um 23.52 Uhr postete Erich T. noch ein Foto auf Facebook, mit Herz und Kuss-Smiley, von sich und einem Disc-Jockey, entstanden 2008: „Er hat meine und Petronelas geilste Zeit begleitet“, schrieb er darunter. 30 Minuten später war er tot. Warum musste Erich T. sterben? „Etwa um Mitternacht“, so seine Frau vor der Kripo, „bin ich in die Küche gegangen, weil ich Hunger hatte. Ich fand gekochtes Fleisch auf einer Ablage, legte es auf ein Brett, nahm ein Messer, löste damit Stücke ab, aß sie. Plötzlich stand mein Mann neben mir, er beschimpfte mich, machte mir unsinnige Vorhaltungen.“

Das Bild zeigt Petronela T. mit einem Kriminalbeamten beim Nachstellen des Dramas. (Bild: Andi Schiel)
Das Bild zeigt Petronela T. mit einem Kriminalbeamten beim Nachstellen des Dramas.

„Bevor dich ein anderer bekommt, sterbe ich“
Sie habe mit einem Kellner und einem Gast geflirtet, habe er sie beschuldigt und in der Folge ihre rechte Hand, „in der ich das Messer hielt, gepackt. Und während er das tat und mit starkem Kraftaufwand in Richtung seines Oberkörpers lenkte, schrie er: ,Bevor dich ein anderer bekommt, sterbe ich ...’“ Erst Minuten später will Petronela T. die Tragweite des Geschehenen erkannt haben, „als Erich am Boden lag“. Sie alarmierte Personal: „Der Chef sagte noch: ,Alles ist nicht so schlimm, es geht mir bald wieder gut’.“ Die Rettung wurde angerufen, aber für den Mann kam jede Hilfe zu spät. Der Stich neben der linken Achsel hatte die Lunge und die Aorta verletzt, rasch war er innerlich verblutet. „Erich ist alles für mich gewesen“, beteuert die 30-Jährige nun, „ich hätte niemals geschafft, ihm etwas Böses anzutun.“

Petronela T. wird von dem renommierten Salzburger Anwalt Kurt Jelinek verteidigt. Er sagt: „Warum hätte Frau T. ihren Mann umbringen sollen? Er ist alles für sie gewesen, ihr bester Freund, ihr Arbeitgeber - und sie hat ihn unendlich geliebt. Sein Tod war ein tragischer Unfall. Ich bin mir sicher, dass auch die Geschworenen zu diesem Urteil kommen werden.“ (Bild: Schiel Andreas)
Petronela T. wird von dem renommierten Salzburger Anwalt Kurt Jelinek verteidigt. Er sagt: „Warum hätte Frau T. ihren Mann umbringen sollen? Er ist alles für sie gewesen, ihr bester Freund, ihr Arbeitgeber - und sie hat ihn unendlich geliebt. Sein Tod war ein tragischer Unfall. Ich bin mir sicher, dass auch die Geschworenen zu diesem Urteil kommen werden.“

Der Geschäftsmann und seine „Pretty Woman“
Die Geschichte des Paars? Die Frau stammt aus Rumänien, wuchs dort in ärmlichen Verhältnissen auf. Nach der Pflichtschule fing sie eine Schneiderlehre an, brach sie aber rasch ab. Mit 18 wanderte sie nach Österreich aus, arbeitete hier fortan in verschiedenen Bordellen als Prostituierte. Mit 19 lernte sie in einem Halleiner Etablissement Erich T. - verheiratet, ein Sohn - kennen. Bereits damals war der Mann ziemlich betucht. Mit einem Szenelokal in Salzburg hatte er einst seine Karriere begonnen und sich später Schritt für Schritt das Gastro-Imperium in Flachau aufgebaut.

Ein halbes Jahr lang war Erich T. Petronellas ständiger Kunde, dann wollte er seine „Pretty Woman“ nur noch für sich alleine haben. Er kaufte sie aus dem Freudenhaus frei und für sie und ihn eine schmucke Wohnung in Wals, wo er mit ihr einige Zeit hindurch ein Doppelleben führte. Es war 2013, als er seine Frau um die Scheidung bat, sie großzügig abfertigte - um mit seinem „Traummädel“, wie er Petronela nannte, in eine gemeinsame Zukunft starten zu können. Bald zog sie zu ihm und seinem Sohn ins Hotel und arbeitete fortan in dem Betrieb der beiden. Als Kellnerin. Für 1200 Euro netto pro Monat. „Im Mai 2017 wurde“, so die Frau, „mein größter Wunsch wahr: Erich und ich heirateten.“ Natürlich mit einem riesigen Fest - auf der „Lisa-Alm“.

(Bild: Martina Prewein)

Sie stritten - und sie versöhnten sich
„Die zwei führten eine harmonische Beziehung“, erzählen die meisten Flachauer, enge Freunde des Eheleute berichteten der Polizei jetzt allerdings auch von schlimmen Auseinandersetzungen: „Obwohl Petronela Erich treu war, dachte er dauernd, sie würde ihn betrügen. Und in seinen Wutanfällen kam es manchmal vor, dass er sie schubste oder ihr eine Ohrfeige gab.“ Frühere Angestellte der T.s erzählen wiederum, dass „die Chefin mit dem Chef im Suff oft grundlos zu streiten begonnen und ihm die Trennung angedroht“ habe. Wie auch immer, Tatsache ist, dass es Zerwürfnisse gab, und sich die Frau dann mitunter in den Nebenwohnsitz der beiden, ein Luxus-Loft in Salzburg, zurückzog - bis ihr Mann sie, mit Liebesschwüren und Geschenken, zu ihm zurückholte. Erst Ende Februar hatte die Frau - wieder einmal - eine Nacht in ihrem „Fluchtdomizil“ verbracht, danach soll das Paar - wieder einmal - „besonders glücklich“ gewirkt haben. Bis zuletzt.

Das Messer, mit dem der Todesstich geschah (Bild: Andi Schiel)
Das Messer, mit dem der Todesstich geschah

2000 Trauergäste am Friedhof
Am vergangenen Mittwoch fand am Altenmarkter Friedhof die Verabschiedung von Erich T. statt, unter den 2000 Trauergästen waren viele Prominente. Auf der „Lisa-Alm“ wird weiter gefeiert, das dazugehörige Hotel und die Chalets sind fast ausgebucht. Der Sohn führt jetzt den Betrieb. Warum musste Erich T. sterben? Geschworene werden diese schwierige Frage zu beantworten haben, irgendwann.

Martina Prewein, Kronen Zeitung

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