Christchurch-Massaker
„Es gab keine Chance, den Attentäter zu stoppen“
Zehn Minuten bevor er die Al-Noor-Moschee im neuseeländischen Christchurch betrat und mit einem Schnellfeuergewehr zum Freitagsgebet versammelte Muslime hinrichtete, hatte der Massenmörder sein Manifest, in dem er die Wahnsinnstat ankündigte, an das Büro der Premierministerin geschickt. Unverzüglich wurde die Gefahr erkannt, doch das Massaker konnte nicht verhindert werden. „Es gab keine Gelegenheit, den Attentäter zu stoppen“, so ein Regierungssprecher.
Die Regierungschefin Jacinda Ardern bestätigte am Sonntag in der neuseeländischen Hauptstadt Wellington, dass neun Minuten vor Beginn der Angriffe auf die zwei Moscheen ein E-Mail an ihr Büro gegangen sei. Der Inhalt: das Manifest des 28-jährigen Australiers Brenton Tarrant, in dem er seinen Hass auf vor allem muslimische Einwanderer und sein Vorhaben, die „Gefahr für die weiße Rasse“ auslöschen zu wollen, kundtat. Die Bedeutung dieser Post war laut Medienberichten, die sich auf das Büro der Premierministerin berufen, sofort erkannt, das Mail umgehend an die Sicherheitsbehörden weitergeleitet worden.
Manifest nannte weder Tatorte noch ähnliche Hinweise
Doch die 74-seitige Kampfschrift, die zahlreiche rechtsextreme Parolen enthält und die Tarrant zeitgleich auch ins Internet gestellt hatte, nannte weder Tatorte noch ähnliche Hinweise, mit denen das Massaker noch hätte verhindert werden können. Als bei den Experten im übertragenen Sinne die Alarmglocken zu schrillen begannen, gab es bereits die ersten echten Notrufe, denn zu diesem Zeitpunkt hatte der Massenmörder seinen vor Jahren begonnen Feldzug bereits in sein blutiges Finale geführt.
Von einer Helmkamera live ins Internet übertragen, schoss er in der Al-Noor-Moschee auf jeden Menschen, der sich bewegte. 42 Gläubige - auch mehrere Kinder - starben am ersten Tatort.
Mutige Dorfpolizisten rammten Auto, nahmen Tarrant fest
Nachdem sich der Mörder auf einem Kontrollgang durch die Räume der Moschee vergewissert hatte, dass er möglichst viele der Muslime getötet hatte - er schoss mehrmals auf regungslos am Boden liegende Menschen -, fuhr er zur Moschee in der Linwood Avenue in einem Vorort Christchurchs. Dort ermorderte er weitere acht Muslime, bevor er weiterfuhr, um weitere Opfer zu finden. Doch da hatte er die Rechnung ohne zwei mutige Polizisten gemacht, die das Auto, in dem der des vielfachen Mordes beschuldigte Brenton Tarrant wohl am Weg zum nächsten geplanten Tatort war, rammten, den 28-Jährigen aus dem Wagen zogen und festnahmen.
Video: Hier wird der mutmaßliche Massenmörder von Christchurch festgenommen
„Er hatte absolut die Absicht, seine Attacke fortzuführen“
Ohne dieses schnelle Eingreifen - nur 36 Minuten vergingen laut der neuseeländischen Polizei zwischen dem ersten Alarm und der Festnahme Tarrants - hätte es womöglich noch mehr Opfer gegeben. Denn: „Er hatte absolut die Absicht, seine Attacke fortzuführen“, sagte Premierministerin Ardern. In dem Wagen seien weitere halb automatische Feuerwaffen, Schrotflinten und auch Sprengstoff gefunden worden. Die Bomben wurden von der Armee entschärft.
Wartet in Hochsicherheitsgefängnis auf seinen Mordprozess
Tarrant wurde am Samstag erstmals einem Richter vorgeführt - wobei er einen rechtsextremen Gruß zeigte - und befindet sich nun in einem Hochsicherheitsgefängnis, wo er auf seinen Prozess wegen vielfachen Mordes wartet.
Dem 28-jährigen Australier, der zuletzt in der neuseeländischen Stadt Dunedin wohnte, droht lebenslange Haft. Laut Ardern wird Tarrant nicht in seiner Heimat Australien vor Gericht gestellt werden: „Er wird sich vor dem neuseeländischen Justizsystem für seinen terroristischen Angriff zu verantworten haben.“
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