Bald ein Schulfach?
Madrid erhebt blutigen Stierkampf zum Kulturgut
Vor allem aber geht es darum, die "Fiesta" vor den Angriffen einer wachsenden Schar von Stierkampfgegnern zu schützen. Denn wer den blutigen Brauch verunglimpft, kann künftig mit Bußgeldern bestraft werden.
"So schützenswert wie Denkmäler"
"Der Stierkampf ist ebenso schützenswert wie Museen oder Denkmäler", erklärte die Chefin der Madrider Regionalregierung, Esperanza Aguirre, nach Presseberichten vom Freitag. Die konservative Politikerin, die einst Bildungsministerin war und seit 2003 die Geschicke der rund sechs Millionen Einwohner zählenden Region Madrid lenkt, ist ein bekennender Stierkampffan. Wenn es nach ihr ginge, wären die "Corridas" längst Teil des UNESCO-Weltkulturerbes.
"Maler wie Francisco de Goya und Pablo Picasso, Schriftsteller wie Federico García Lorca und Ernest Hemingway oder Regisseure wie Orson Welles haben den Stierkampf stets als Kunst betrachtet. Warum sollen wir ihn dann nicht als solche behandeln?", sagt die 58-Jährige. Deshalb soll dieser Brauch in Madrid künftig auch mit öffentlichen Geldern gefördert werden. Die Initiative Aguirres ist in Spanien bisher einmalig. Doch es ist nicht auszuschließen, dass andere Regionen, in denen der Stierkampf eine noch größere Rolle spielt, dem Beispiel folgen.
Katalonien berät über Verbot des Stierkampfes
Dass Aguirre sich ausgerechnet jetzt in die Arena wagt, scheint aber kein Zufall: In Spaniens wirtschaftsstärkster Region Katalonien, die stets mit Madrid rivalisiert, berät das Parlament derzeit über ein Verbot von Stierkämpfen. Auslöser ist eine Initiative von Tierschützern, die 180.000 Unterschriften für ein Volksbegehren sammelten. Die Abgeordneten in Barcelona hören dieser Tage Befürworter und Gegner des alten Brauches an, darunter auch Künstler und Intellektuelle.
Zu den Gegnern zählt etwa der Physiker und Hochschulprofessor Jorge Wagensberg, der den Parlamentariern den Degen zeigte, mit dem die "Matadoren" die Stiere in der Arena töten. "Und das soll nicht wehtun?", fragte er die Abgeordneten, während er die blitzende Spitze berührte. Für den Stierkampf setzte sich dagegen der französische Philosoph Francis Wolff ein: "Dieser Brauch ist nicht nur Spaniens nationales Fest, sondern gehört längst zum Kulturerbe Südeuropas."
Kulturgut kann nicht verboten werden
So sieht es auch Esperanza Aguirre in Madrid. Ihre Kritiker werfen ihr vor, sich aus politischem Opportunismus als große Stierkampf-Fürsprecherin zu präsentieren. Eines hat die 58-Jährige mit ihrer Initiative aber jedenfalls erreicht: Eine Debatte über ein Verbot des Stierkampfes wie in Katalonien wird es in Madrid nicht geben - ein Kulturgut kann nämlich nicht verboten werden.
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