„Wenn Gewalt an Mitbrüdern im Spiel ist, hört sich alles auf“, klagen die Franziskaner in Salzburg über zunehmende Aggressivität unter Bettlern. Sie sind als Bettelorden eigentlich eine wichtige Anlaufstelle für Arme, wollen das so aber nicht mehr hinnehmen. Es kam schon zu mehreren Vorfällen. Die Essensausgabe hat jetzt geschlossen.
Am Sonntag eskalierte die Lage vor der Franziskanerkirche in der Salzburger Altstadt: Pater Oliver - er ist Provinzial für alle Franziskaner in Österreich, Südtirol und der Schweiz - fühlte sich im Beichtstuhl gestört und wollte vor der Kirche für Ruhe sorgen. Aus einer Auseinandersetzung mit vier rumänischen Bettlern wurde ein Handgemenge. „Ich wurde persönlich angegriffen, getreten und am Kopf geschlagen“, schildert Pater Oliver die Zustände. Es kam zu Einvernahmen bei der Polizei und Anzeigen - auch gegen den Pater.
Kloster und Kirche würden von vorwiegend rumänischen Familienclans geradezu belagert. Bruder Beda zeigt bei einem „Krone“-Lokalaugenschein, wo die Bettler immer mehr für Unmut sorgen. Auch viele Kirchgeher würden sich schon bedroht fühlen: „Ich habe erst vor Kurzem eine ältere Dame zu ihrem Auto begleitet, weil sie Angst vor den Bettlern hatte.“ Die zunehmende Gewaltbereitschaft habe das Kloster jetzt zu dem ungewöhnlichen Schritt bewegt.
Nach dem Vorfall keine Armenausspeisung
„Der Essensraums bleibt wegen Gewalt an Mitbrüdern geschlossen“, steht auf der Klosterpforte geschrieben. Sonst werden täglich an die 40 Armutsmigranten – wie die ausländischen Bettler oft genannt werden – hier verköstigt: Die Situation sei schwierig, erzählen die Ordensmänner. Bettler werfen oft Zigarettenkippen einfach auf den Boden, ein Rauchverbot war die Folge. Alkohol sei meistens ein Argument, könne aber nicht Entschuldigung für alles sein.
Schräg vor dem Eingang kauert eine dick eingemummte Bettlerin: Sie sei eine von den Guten, sagen die Franziskaner. Und sie berichten von enttäuschenden Vorfällen: „Eine Bettlerin habe ich zu einem Obdachlosen-Frühstück mitgenommen“, erzählt Bruder Beda, und dass die Frau dann Angst vor Konsequenzen in ihrem Familien-Clan hatte.
Im November kam es schon einmal zu Gewalt: Einem Helfer im Kloster sei ein Zahn ausgeschlagen worden. Die Franziskaner übernehmen jetzt die Zahnarztrechnung. Und einmal kam ein Rumäne, der dringend Geld für Fahrt in seine Heimat brauchte. Bruder Beda wollte ein Ticket für den Flixbus zahlen und begleitete ihn zum Bahnhof. Es kam aber kein Bus.
Rund 90 Bettler halten sich derzeit in Salzburg auf. Stadtchef Harald Preuner muss über den aktuellen Vorfall schmunzeln. Schließlich wurde das sektorale Bettelverbot nach der gekippten Erstverordnung bewusst in der Franziskanergasse und im letzten Teil der Sigmund-Haffner-Gasse aufgehoben. „Und jetzt wollen ausgerechnet die Franziskaner, dass dies wieder rückgängig gemacht wird. Was haben wir uns von ihnen immer anhören müssen ...“, zeigt sich der Bürgermeister fassungslos.
Orden fordert neue Diskussion über Bettler
Grundsätzlich gebe es aktuell das Problem, dass seit Weihachten eine neue, auffällig aggressive Gruppe unterwegs sei. Preuner ruft die Exekutive zur verstärkten Beobachtung und Kontrolle auf. Dass ausgerechnet ein Orden jetzt eine neue Diskussion über ein ausgeweitetes Bettelverbot will, sorgt in verschiedenen Kreisen für Irritation. „Das würde das Problem nur wieder verlagern“, so Pfarrer Alois Dürlinger, Referent für Armut in der Erzdiözese.
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