„Auch mit Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man was Schönes bauen“, zitiert Birgit Keel-Dollinger Goethe. Sie ist die Geschäftsführerin der Suchtberatung Tirol und weiß um die Herausforderungen, denen sich die Betroffenen im Laufe ihres Lebens immer wieder stellen müssen. Der Schritt in Richtung Hilfe sei immer ein schwieriger, deshalb habe man im vergangenen Jahr den Zugang zu den Beratungsangeboten weiter vereinfacht.
So können nun alle Beratungssuchenden werktags von 8 bis 18 Uhr durchgehend und nahezu ohne Wartezeiten eine Ansprechperson bei der Suchtberatung vorfinden. „Wir wollen vermeiden, dass jemand, der sich Hilfe holen will, am Band landet“, schildert Keel-Dollinger. Aber nicht nur in Strukturen und Arbeitsabläufe wurde investiert, sondern auch an der Beratungseffizienz gearbeitet. So gibt es seit dem Vorjahr diverse klinisch-psychologische Testverfahren zur zusätzlichen Abklärung.
„Den Mensch in seiner Ganzheit wahrnehmen“
„Es handelt sich um Fragebögen, die die Klienten ausfüllen können“, erklärt Eva Maria Donà Gruber, Klinische und Gesundheitspsychologin und Therapeutin. „Gerade introvertierten Menschen fällt es oft leichter, ein Kreuz auf einem Blatt Papier zu machen, als sofort darüber zu sprechen“, erklärt die Psychologin. Die Fragebögen gibt es zu unterschiedlichsten Themen, wie etwa Alkohol oder Depression. „Es sind unterstützende Maßnahmen, um Menschen in ihrer Ganzheit wahrzunehmen und sie nicht auf ihre Suchterkrankung zu reduzieren“, schildert Gruber. Die Testungen werden von den Klienten sehr gut angenommen, so die Psychologin.
Auch schwer kranke Klienten erreichen
Grundsätzlich haben sich im vergangenen Jahr mehr Menschen an die Suchtberatung gewandt. 1027 Klienten haben sich beraten lassen, die Zahl der Einzelkontakte stieg von 4817 auf 6314. Eine erhebliche Steigerung gab es aber vor allem bei der Dauer der Beratungen: So waren durch die Mobile Sozialarbeit Einzelkontakte von bis zu vier Wochenstunden möglich. „Weil manche Suchtklienten große Schwierigkeiten haben, eine Beratungsstelle aufzusuchen, bieten wir den mobilen Dienst an. Damit erreichen wir schwer kranke, aber auch ältere Klienten.“
„Wir leben in einer Konsumgesellschaft“
Aber auch die Zahl der beratenen Angehörigen ist von 159 auf 194 Personen gestiegen. „Sucht ist kein Randthema“, schildert Keel-Dollinger, „wir leben in einer Konsumgesellschaft, der Großteil der Menschen kommt in Krisensituationen mit Alkohol, Medikamenten oder anderen Drogen in Kontakt. Sucht geht somit uns alle etwas an.“
Jeder kann sich melden
Betroffene, die sich beraten lassen, sind zu dreiviertel Männer, bei den Angehörigen ist es umgekehrt: Hier handelt sich überwiegend um Frauen. Melden kann sich jeder, der Hilfe braucht. Die Suchtberatung Tirol bietet in neun Beratungsstellen in ganz Tirol psychosoziale und klinisch-psychologische Beratung, Betreuung und Begleitung für Betroffene von Suchtthematiken und deren Angehörige: https://verein-suchtberatung.at/
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