Wikipedia bleibt am Donnerstag schwarz: Aus Protest gegen Teile der geplanten EU-Urheberrechtsreform ist die deutschsprachige Version der Online-Enzyklopädie für einen kompletten Tag offline. „Zum allerersten Mal führt die deutschsprachige Community von Autorinnen und Autoren eine Komplettabschaltung durch“, hieß es in einem Blogeintrag der Wikimedia. Statt des Online-Lexikons erschien ein Appell an die Nutzer, die Abgeordneten des Europäischen Parlaments zu kontaktieren.
Das geplante Gesetz, das am kommenden Dienstag vom EU-Parlament verabschiedet werden soll, „könnte dazu führen, dass das freie Internet erheblich eingeschränkt wird“, hieß es in dem Brief. Obwohl Wikipedia ausdrücklich vom besonders umstrittenen Artikel 13 der neuen Urheberrechtsrichtlinie zu den Upload-Filtern ausgenommen sei, werde das freie Wissen selbst dann leiden, wenn Wikipedia eine „Oase in der gefilterten Wüste des Internets bleibt“.
Wikipedia warnt vor Upload-Filtern
Selbst kleinste Internetplattformen müssten Urheberrechtsverletzungen ihrer User „präventiv unterbinden“, dies sei in der Praxis aber nur mittels „fehler- und missbrauchsanfälliger Upload-Filter“ umsetzbar, so die Autoren in dem Appell. Zudem müssten für kurze Textausschnitte aus Presseerzeugnissen Lizenzen erworben werden, „um ein neu einzuführendes Verleger-Recht einzuhalten“, hieß es weiter unter Berufung auf Artikel 11 des geplanten Gesetzes. „Beides zusammen könnte die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit erheblich beeinträchtigen.“
„Das ist das drastischste Mittel, das wir zur Verfügung haben, um auf etwas hinzuweisen“, begründete der Leiter für Politik und Recht beim Förderverein Wikimedia, John Weitzmann, im deutschen Sender Bayern 2. Es sei noch immer nicht klar, ob für nichtkommerzielle Plattformen im Internet wie Wikipedia Ausnahmeregeln gelten werden. Diese Regelungen seien im derzeitigen Entwurf „sehr lückenhaft“, bemängelte Weitzmann.
Wikipedia-Sperre unter Autoren umstritten
Gegen die Urheberrechtsreform sind EU-weit Proteste geplant, so etwa auch am 23. März in Wien. In der Wikipedia-Community ist die Aktion allerdings umstritten, auch weil die Wahlbeteiligung an der Streikabstimmung äußerst gering ausfiel. Von den 4931 abstimmungsberechtigten Autoren haben sich nur 215 an dem „Meinungsbild“ beteiligt, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete. 146 stimmten für die Blockade, 69 dagegen. Die Blockade betrifft nur die Webvariante der deutschsprachigen Wikipedia. Die offiziellen Apps für Smartphones und Tablet zeigten am Donnerstag weiterhin die Inhalte der Online-Enzyklopädie an.
Die deutschsprachige Wikipedia umfasst aktuell knapp 2,3 Millionen Artikel und wird etwa 30 Millionen Mal pro Tag abgerufen. Weltweit steht Wikipedia laut eigenen Angaben auf Platz fünf der meistaufgerufenen Webseiten.
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