Schwerhörigkeit

Mit 90 hört er wieder alles!

Gesund
06.04.2019 06:03

Ein Kärntner ist der älteste Österreicher, dem ein zweites Cochlea-Implantat eingesetzt wurde.

Pius L. aus Wolfsberg (90) könnte heute taub in seiner Küche sitzen, würde die Uhr nicht ticken hören und weder „Prost“ noch „Mahlzeit“ verstehen. Doch der Kärntner hat sich mit 85 für ein anderes Leben entschieden: Nachdem sein Hörgerät - das grundsätzlich erste Wahl ist - nicht mehr funktionierte, ließ er sich mit einem Cochlea-Implantat (CI) versorgen. Mit diesem war Herr L. so zufrieden, dass er sich nun zu einem zweiten CI entschloss. Jetzt ist er der älteste Österreicher, der je auf diese Weise seine volle Hörfähigkeit zurückbekommen hat. Ein Cochlea-Implantat ist ein hochmoderner Hörcomputer. Das CI kommt dann in Frage, wenn es nicht mehr möglich ist, mit einem Hörgerät Sprache zu verstehen bzw. einfach genügend zu hören.

Sichtbar bleibt nach der Operation nur der Audio-Prozessor, der den Schall ins Implantat weiterleitet. (Bild: MED-EL)
Sichtbar bleibt nach der Operation nur der Audio-Prozessor, der den Schall ins Implantat weiterleitet.

Genau das war bei Pius L. der Fall: „Vor der Operation hatte ich ein Hörgerät, mit dem ich nach und nach immer weniger hören konnte. Daher habe ich mich sofort angemeldet, als ich erfuhr, dass es das Cochlea-Implantat gibt.“ Eine Entscheidung, die der Kärntner nicht bereuen musste: „Der erste Eingriff hat gut geklappt. Ich bin gleich nachher rasch und ohne Betreuung aufgestanden, war nicht schwindlig oder anderweitig eingeschränkt. Nach dem zweiten Mal fünf Jahre später, bin ich zwar zwei Tage lang etwas schwindlig gewesen. Das war aber am dritten Tag bereits vergessen...“. Nicht vergessen wird ihn sein Chirurg Prim. Univ.-Prof. Dr. Georg Mathias Sprinzl, Leiter der Abteilung für HNO am Universitätsklinikum St. Pölten: „Das Besondere an diesem Patienten ist, dass er fünf Jahre nach dem ersten Eingriff so zufrieden war, dass er unbedingt auch mit dem zweiten Ohr gut hören wollte - er hat die Vorteile des guten Hörens registriert und nicht gezögert.“

Es gibt somit auch in auf den ersten Blick aussichtslosen Fällen eine Lösung! Prof. Sprinzl: „Ohne CI würde dieser lebensfrohe Mensch traurig zu Hause herumsitzen und nichts hören. Jetzt hört er sogar mit beiden Ohren!“ Für diese Maßnahme gibt es kein Alterslimit. Wenn ein Hörgerät nicht mehr den gewünschten Effekt hat, ist ein CI die Lösung, die auch im hohen Alter noch in Frage kommt. Weiters werden in Österreich jährlich knapp 200 Babys mit einer Hörstörung geboren. Bei hochgradigem Hörverlust werden diese Kinder heute möglichst noch im ersten Lebensjahr operiert. Selbst wenn jemand aus medizinischen Gründen für eine Vollnarkose nicht in Frage kommt, kann er mit einem CI versorgt werden. Prof. Sprinzl: „Wir können auch unter Lokalanästhesie operieren. Für uns ist das mittlerweile eine Routinesache und vollkommen schmerzfrei.“

Fachärztin Dr. Astrid Magele unterhält sich blendend mit dem bestens versorgten Patienten. (Bild: MED-EL)
Fachärztin Dr. Astrid Magele unterhält sich blendend mit dem bestens versorgten Patienten.

„Immer mehr ältere Patienten in St. Pölten profitieren von solchen Innenohrprothesen“, bestätigt Priv. Doz. Dr. Astrid Magele, Oberärztin an der HNO-Abteilung, „neue wissenschaftliche Studien legen nahe, dass sich sogar Demenz mit einer guten Hörversorgung aufhalten lässt!“ Davon abgesehen, erspart ausreichendes Hören soziale Isolation. Auch ohne Demenz vereinsamen Menschen daheim, wenn sie sich nicht mehr unterhalten können. Zudem werden Arzt- und Behördenbesuche erschwert. Das führt für die Betroffenen oft zu unangenehmen Komplikationen. Dr. Magele betreute auch Pius L., der versichert: „Wenn ich beide Geräte eingeschaltet habe, verstehe ich alles. Höchstens bei lauten Hintergrundgeräuschen kann es schwieriger werden. Aber gegenüber früher kein Vergleich! Ich rate jedem in meiner Situation: ,Machen Sie es!‘ Es ist das Beste, was man tun kann.“

Der Schall wird in elektrische Impulse umgewandelt, die ins Innenohr geleitet werden. (Bild: MED-EL)
Der Schall wird in elektrische Impulse umgewandelt, die ins Innenohr geleitet werden.

Wie funktioniert ein Cochlea-Implantat?
Ein Cochlea-Implantat verstärkt den Schall nicht wie ein Hörgerät, sondern wandelt ihn in elektrische Impulse um. Diese gelangen zunächst direkt ins Innenohr, von dort weiter zum Hörnerv und schließlich ins Gehirn. So können sogar Menschen ohne natürliches Gehör wieder hören. Das Implantat wird im Zuge einer rund zweistündigen Operation hinter dem Ohr unter die Haut gepflanzt. Außen sichtbar ist dann nur ein Audio-Prozessor, der dafür sorgt, dass der Schall auch an der richtigen Stelle ankommt.

Weitere Informationen
Die Kosten für die Operation und die Implantate selbst werden in Österreich von den Kassen erstattet. Die Eingriffe führt man an allen Uni-Kliniken sowie vielen Landeskliniken durch.
Kontakt: Zentrum Hören, Fürstengasse 1, 1090 Wien, 01 317 24 00, office@zentrum-hoeren.at

Dr. med. Wolfgang Exel, Kronen Zeitung

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