Copyright-Reform

EU-Parlament billigt umstrittenes Urheberrecht

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26.03.2019 14:32

Die EU bekommt ein neues Urheberrecht. Monatelang wurde heftig darum gestritten - am Dienstag stimmte das EU-Parlament nun für die Reform. Für den im Februar mit den EU-Regierungen erzielten Kompromiss votierten 348 Abgeordnete, dagegen stimmten 274. Die Urheberrechtsreform, gegen die am Wochenende Zehntausende Menschen in ganz Europa demonstriert hatten, sieht Uploadfilter und ein Leistungsschutzrecht vor. Kritiker sehen darin ein Einfallstor für Zensur sowie eine Beschränkung der Internetfreiheit. Fragen und Antworten im Überblick:

Warum ist das Thema so brisant?
Im Zentrum der Diskussion standen vor allem zwei Dinge: das Leistungsschutzrecht für Presseverleger und die Einführung sogenannter Upload-FilterNach Einschätzung der Kritiker ging es um nichts weniger als die Zukunft des Internets in seiner heutigen Form. Die Einigung berge die Gefahr, „das Internet, wie wir es kennen, ausschließlich in die Hände der Technologie- und Medienriesen zu legen“, sagte die Piraten-Europapolitikerin Julia Reda. 

Rund fünf Millionen Menschen unterschrieben eine Petition, die sich gegen Teile der Reform richtet. Von allen Seiten wurde versucht, Einfluss auf das Vorhaben zu nehmen. Google, aber auch Wikipedia und Digitalverbände stemmten sich dagegen, Presseverlage, Medienunternehmen und Start-ups sprachen sich vehement dafür aus.

(Bild: AFP)

Was soll die Reform überhaupt bringen?
Als die EU-Kommission 2016 den Vorschlag für neue Regeln machte, wollte sie das Urheberrecht ans digitale Zeitalter anpassen. „Ich möchte, dass Journalisten, Verleger und sonstige Urheber eine faire Vergütung für ihre Arbeit erhalten“, sagte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Denn Zeitungsverlage, Autoren, Plattenfirmen und andere Rechte-Inhaber erstellen unter teils großem Aufwand Inhalte, die online verbreitet werden - verdienen daran mitunter aber wenig.

(Bild: adobe.stock.com, krone.at-Grafik)

Wie sieht die Einigung nun aus?
Zum einen sollen Zeitungsverlage und Autoren mehr für ihre Inhalte bekommen. Suchmaschinen wie Google dürfen nicht mehr ohne weiteres kleine Artikel-Ausschnitte in ihren Suchergebnissen oder bei Google News anzeigen. Vielmehr sollen sie die Verlage um Erlaubnis bitten und gegebenenfalls dafür zahlen.

Zum anderen werden Plattformen wie YouTube stärker in die Pflicht genommen. Geschützte Werke müssen lizenziert werden, bevor sie auf den Plattformen landen - oder dürfen nicht hochgeladen werden. Start-ups sind ausgenommen. Dies gilt für Firmen, die jünger als drei Jahre alt sind, einen Jahresumsatz von unter zehn Millionen Euro und weniger als fünf Millionen Besucher pro Monat haben.

Was sagen die Kritiker?
Die Hauptkritik entzündete sich am früheren Artikel 13 der Richtlinie, dessen Bestimmungen sich inzwischen allerdings in Artikel 17 finden. Demnach müssen die Plattformbetreiber verhindern, dass urheberrechtlich geschützte Werke auf ihren Seiten zugänglich sind, und sind bei Verstößen haftbar. Die Reform schreibt die umstrittenen Uploadfilter nicht vor. Angesichts der zu überprüfenden Datenmengen dürften sie aber kaum zu verhindern sein. Sie sollen urheberrechtlich geschützte Texte, Bilder oder Audiodateien schon beim Hochladen blockieren. Einige Plattformen nutzen schon jetzt Filter, müssten diese aber deutlich ausweiten.

Axel Voss, der die Verhandlungen für das Parlament führte, betonte, die Einigung habe „nichts mit ‘Filtern‘ zu tun, wie das von manchen Unterstützern rechtsfreier Räume im Internet propagiert wird“.

Gegner des Leistungsschutzrechts sehen Nachteile für Verlage. Diese seien darauf angewiesen, von Suchmaschinen gelistet zu werden, und hätten daher eine schwache Verhandlungsposition gegenüber Google & Co. Zudem verweisen sie auf Deutschland: Hier gibt es schon seit 2013 ein Leistungsschutzrecht - doch es führt nicht zu nennenswerten Geldzahlungen an die Verlage.

Was ist mit Memes und GIFs?
Ein satirischer und kreativer Umgang mit Texten, Bildern und Audiodateien würde Kritikern zufolge behindert - etwa bei sogenannten Internet-Memes, bei denen Netzinhalte satirisch verändert und verbreitet werden. Dem Europaparlament zufolge wären Mitgliedstaaten durch die Reform verpflichtet, das kostenlose Hochladen „von Teilen von Werken zum Zitieren, zur Äußerung von Kritik, für Rezensionen, für Karikaturen, Parodien oder Persiflagen“ zu schützen. Dies umfasse auch Memes und bewegte Bilder im GIF-Format.

(Bild: Facebook.com/J.Hackett)

Welche Position hatte Österreich?
Die Bundesregierung unterstützte die Reform, für die sie sich auch während des österreichischen EU-Ratsvorsitzes im zweiten Halbjahr 2018 stark eingesetzt hat. Sie leistete wesentliche Vorarbeiten dafür, dass im Februar ein Kompromiss zwischen Unterhändlern der EU-Staaten und des Europaparlaments erzielt werden konnte. Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) bezeichnete die Reform am Montag als „dringend notwendigen Schritt in die Richtige Richtung“ und rief die Abgeordneten zur Zustimmung auf. Die Oppositionsparteien SPÖ, Grüne und NEOS waren im Einklang mit ihren europäischen Parteienfamilien gegen die Reform, die Freiheitlichen enthielten sich.

Das Europaparlament in Straßburg (Bild: APA/AFP/Frederick Florin)
Das Europaparlament in Straßburg

Wann tritt die Reform in Kraft?
Mit Zustimmung durch das EU-Parlament wird die umstrittene Richtlinie geltendes Europarecht. Dafür sind zwei Jahre vorgesehen - also bis 2021. EU-Minister Blümel hatte zuvor noch gewarnt, dass eine Streichung des umstrittenen Artikels 13 die komplette Lösung „zerstören“ würde und ein neuerlicher „Trilog“ (Verhandlungen von Rat, Europaparlament und EU-Kommission) erforderlich wären. Die Lösung hätte damit wohl ins nächste Jahr vertagt werden müssen, weil Ende Mai das Europaparlament neu gewählt wird und dieses dann bis November mit der Bestellung der künftigen EU-Kommission beschäftigt ist.

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