Galt als „auffällig“

Nachbarn über Attentäter: „Sein Blick war eiskalt“

Österreich
28.03.2019 06:00

Seit einem halben Jahr wohnte Qaeser A. mit seiner Familie in einem Gemeindebau in Wien-Simmering. Der Iraker, der mit den Anschlägen auf ICE-Züge in Deutschland so viele Leben wie möglich auslöschen wollte, galt als „auffällig“. „Wir wussten, dass Herr A. bei einer Security-Firma arbeitete und vor seinem Umzug nach Wien in Graz gelebt hatte“, berichten seine Nachbarn. Und sonst? „Erzählte er nichts über sich, nie.“ Er, „dieser Mann mit dem eiskalten Blick und dem strengen Zug um den Mund“.

Seine Ehefrau und die zwölfjährige Tochter hätten wie „geprügelte Hunde, also völlig eingeschüchtert“ gewirkt: „Sie trugen Kopftücher, sprachen kaum ein Wort, ihre Blicke waren immer zu Boden gerichtet.“ Das Mädchen hätte sein Zuhause bloß verlassen, um in die Schule zu gehen, die Mutter sei „draußen“ stets in Begleitung ihres Mannes gesehen worden. Bloß der Sohn (14) durfte mitunter im Hof spielen. „Das Paar hat auch dreijährige Zwillingsmädchen, und erst vor Kurzem haben die beiden noch ein Baby bekommen.“

Polizisten vor dem Haus, in dem Qaeser A. gewohnt hat (Bild: Andi Schiel)
Polizisten vor dem Haus, in dem Qaeser A. gewohnt hat

„Der Mann schrie viel herum“
In der 92 Quadratmeter großen Wohnung der A.s im 5. Stock „war es oft sehr laut. Der Mann schrie viel herum, wir hörten seine Frau und die Kinder fürchterlich weinen.“ Und es gab weitere Auffälligkeiten - wenn sich der Terrorverdächtige, wahrscheinlich unabsichtlich, mit seinem Mobiltelefon in das WLAN anderer Mieter einwählte. Ein Betroffener: „Ich sah dann auf meinem Fernseher sein Handy, IS-Propagandavideos wurden darauf abgespielt.“

Und: Zahlreiche Anrainer wollen den Iraker wiederholt bei anscheinend „konspirativen Treffen mit Arabern auf dem Jüdischen Friedhof“ beobachtet haben. „Wir überlegten deshalb sogar schon, die Polizei einzuschalten. Aber letztlich trauten wir uns das nie - aus Angst vor A.s Rache …“

Der Terrorverdächtige wurde oft auf dem Jüdischen Friedhof gesehen. (Bild: Andi Schiel)
Der Terrorverdächtige wurde oft auf dem Jüdischen Friedhof gesehen.

Iraker droht lebenslange Haft
Der 42-Jährige, dem eine lebenslängliche Haftstrafe droht, nennt laut seinem Anwalt als Motiv für die Anschläge im Oktober und Dezember des Vorjahres auf Bahnstrecken in Bayern sowie Berlin „ein politisches Statement gegen Deutschland“ - er sei aber kein Terrorist.

Oktober 2018: Deutsche Polizisten suchen nach dem Anschlag auf der ICE-Strecke zwischen Nürnberg und München die Schienen nach Spuren ab. (Bild: APA/dpa/Daniel Karmann)
Oktober 2018: Deutsche Polizisten suchen nach dem Anschlag auf der ICE-Strecke zwischen Nürnberg und München die Schienen nach Spuren ab.

Dass er ganz alleine, im Zuge eines persönlichen Feldzuges, zugeschlagen hat, erscheint unwahrscheinlich. An einen Einzeltäter wollen die deutschen und heimischen Geheimdienste, die dem Iraker vier Monate auf der Spur waren, nicht so recht glauben - vielmehr an eine IS-Terrorzelle in Europa.

Kronen Zeitung

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