Salvini-Projekt
Italien: Griff zur Waffe bei Notwehr nun legitim
In Italien ist eine höchst umstrittene Reform des Notwehr-Gesetzes beschlossen worden. Der Senat billigte am Donnerstag den Entwurf der rechtspopulistischen Regierungspartei Lega, wonach sich Einbruchsopfer künftig auch mit der Waffe gegen Endringlinge wehren dürfen. Damit konnte Lega-Chef und Innenminister Matteo Salvini eine seit Jahren von ihm erhobene Forderung realisieren. Opposition und Juristen kritisieren den Beschluss und warnen vor einem „falschen Signal“.
„Das Recht der Bürger auf Notwehr ist heilig“, erklärte Salvini, nachdem die Reform im Senat, in der die Regierung eine Mehrheit besitzt, die letzte Hürde genommen hatte. Im Fall von Notwehr bei Hausfriedensbruch dürfe man zur Waffe greifen, vorausgesetzt, dass es um „die Verteidigung der eigenen Unversehrtheit, diejenige anderer Personen oder die der eigenen Güter“ gehe.
Bereits zuvor hatte der Lega-Chef gemeint: „Wenn du auf Füßen in mein Haus kommst, musst du wissen, dass du niedergestreckt wieder rausgebracht werden kannst.“ Denn „wenn jemand in mein Haus, in meinen Besitz eindringt, habe ich das Recht, mich zu verteidigen - immer und überhaupt“.
Das italienische Strafrecht sah auch bisher ein Recht auf Notwehr vor, der Angegriffene durfte aber nur zum mildesten aller Verteidigungsmittel greifen. Das bezeichnete Salvini als absurd: „Wenn ich jemanden maskiert einen Meter vor mir habe, muss ich nach aktuellem Recht für Notwehr verstehen, ob er mich angreifen will, ob die Pistole echt ist, ob das Messer geschliffen ist. Ich sage Ihnen: Wenn ich jemanden nachts maskiert bei mir im Zimmer habe, dann erledige ich das. Wenn ich Angst habe, bin ich legitimiert, mich in meinem Haus zu verteidigen.“
Waffengebrauch künftig „immer“ verhältnisgemäß
Laut dem neuen Gesetz wird es künftig „immer“ verhältnisgemäß sein, sich in seinem Haus oder in seinem Geschäft mit einer Waffe gegen Eindringlinge zu verteidigen. Zudem soll straffrei bleiben, wer im „Zustand schwerwiegender Beunruhigung“ die Grenzen der Notwehr überschreitet und überzogen auf einen Angriff reagiert.
Wenn es zu einem Prozess kommt, in dem ein Bürger angeklagt wird, der aus Notwehr gehandelt hat, sollen die Anwaltskosten vom Staat übernommen werden. Neu ist auch, dass Personen, die aus Notwehr Einbrecher verletzen, nicht mehr zu Schmerzensgeld verurteilt werden können. Außerdem gibt es künftig höhere Strafen für Einbruch, Hausfriedensbruch und Raub.
Richter und Strafverteidiger sehen „falsche Botschaft“
Salvinis Koalitionspartner, die Fünf-Sterne-Bewegung, hatte lange gezögert, das Gesetz dann aber doch unterstützt. Die Opposition hingegen kritisiert es. Auch Richter und Strafverteidiger warnen davor, dass die Reform eine „falsche Botschaft“ sende, indem suggeriert werde, dass es künftig immer gerechtfertigt sei, auf Eindringlinge zu schießen - auch in Situationen, die mit Notwehr nichts zu tun hätten.
Francesco Minisci, Präsident der Nationalen Richtervereinigung, nannte ein Beispiel: „Ich war weg, zum Essen mit Freunden zum Beispiel, und sehe dann bei meiner Rückkehr eine Person, die meinen Balkon hinaufklettert. Dann bin ich künftig berechtigt, auf sie zu schießen. Sogar ein Nachbar ist nach dem neuen Gesetz autorisiert, auf sie schießen - und es wäre Notwehr.“
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