Mit dem Audi A6 wollen die Ingolstädter auch in der Business Class wieder zurück zum „Vorsprung durch Technik“. Zukunftsweisende Connectivity, fähige Assistenzsysteme auf neuestem Stand der Technik und auch beim Fahrwerk lassen sie sich nicht lumpen. Ausgerechnet der Top-Diesel verheddert sich aber im Netz der Abgasreinigung.
Keine Sorge: Es gibt keine Klagen über das Abgas, schon gar keinen Rückruf. Das haben sie inzwischen im Griff im VW-Konzern. Aber: Sie nehmen es mit der Sauberkeit inzwischen so genau, dass beim Tritt aufs Gaspedal erst einmal die Reinigung angeworfen wird, bevor sonst was passiert. Damit man sich nichts nachsagen lassen muss. Und so dauert es handgestoppte 2,25 Sekunden, bis die Fuhre während der Fahrt beschleunigt (und das ruckartig). Vom Hersteller heißt es dazu: „Die Audi AG ist sich der Thematik bewusst, dass es aktuell bei diesem Aggregat eine gewisse Anfahrverzögerung gibt.“ Audi arbeitet an einer „Verbesserung der Motor- und Getriebesteuerung“, die dann wohl per Software-Update implementiert wird.
Dann spart sich die Achtgangautomatik vielleicht auch die unnötigen Schaltvorgänge, wenn man bei gleichmäßiger Autobahnfahrt leicht Gas gibt. Denn: Kraft ist im Übermaß vorhanden, in Zahlen heißt das 286 PS und dazu 620 Nm ab 2250/min. 5,5 Sekunden stehen im Datenblatt für den Sprint auf 100 km/h, die obligatorischen 250 km/h Höchstgeschwindigkeit sowieso. Ganz so seidig wie ein Reihensechszylinder läuft der 50 TDI genannte Dreiliter-V6 allerdings nicht. Mit einem Testverbrauch von 7,9 l/100 km ist er aber kein Trinker (NEFZ-Verbrauch 5,8 l/100 km). Schließlich muss er 1825 kg (DIN-Gewicht, also ohne Fahrer) bewegen.
Technisch ist der Motor mit seinem 48-Volt-Mildhybridsyste samt Lithium-Ionen-Akku ganz vorn dabei. Zwischen 55 und 160 km/h kann er rein elektrisch segeln und beim Anhalten bereits ab 22 km/h abschalten. Das soll im Alltagsbetrieb acht bis zehn Gramm CO2 pro Kilometer, also rund 0,3 bis 0,4 l/100 km sparen. Idealerweise würde der dafür verwendete Startergenerator auch beim Beschleunigen mehr unterstützen, um die beschriebene Verzögerung zu kaschieren.
Top-Fahrwerk, optional Allradlenkung
Das Fahrwerk des Audi A6 ist klassenadäquat komfortabel, ohne zu weich zu werden. Dennoch ist der Ingolstädter auf langen Autobahnfahrten etwas anstrengend. Das liegt an der Lenkung, die um die Mittellage etwas unbestimmt agiert, wodurch geradeaus fahren nicht von selbst geht, sondern aktiven Aufwand bedeutet. Optional ist Allradlenkung verfügbar, d.h. die Hinterräder lenken leicht mit, um das Audi bei höherem Tempo stabiler laufen zu lassen oder bei geringerem Tempo wendiger zu machen (11,1 Meter Wendekreis bei 4,94 Meter Außenlänge!).
Schöne Welt im Innenraum
Nach dem Einsteigen, wenn die Tür automatisch sanft ins Schloss gezogen wurde, wähnt man sich beinahe im Audi A8. Das Bediensystem mit den zwei Touchscreens wurde aus dem Flaggschiff übernommen. Der untere ist 8,6 Zoll groß, gibt haptisches Feedback und erkennt die Eingabe von Navigationszielen in echter Handschrift mit beeindruckender Sicherheit; der obere ist in der Basisausstattung (Navi ist serienmäßig) 8,8 Zoll, mit dem Top-Navi 10,1 Zoll groß. Auch die (Umgangs-)Spracherkennung, die ihre Intelligenz aus der Cloud bezieht, stammt 1:1 aus dem A8. Beim Top-Soundsystem kommt die Musik zusätzlich von oben.
Das Raumgefühl ist luftiger als früher und besonders auf den Rücksitzen opulent, wo die Knie 13 Millimeter und der Kopf 11 Millimeter mehr Platz haben. Der Kofferraum fasst wie bisher 530 Liter, bietet aber mehr Durchladebreite.
Assistenzarmada
Insgesamt sind 38 Assistenzsysteme (in drei Paketen) erhältlich. Unter anderem kann der A6 erkennen, wenn beim Aussteigen ein Radfahrer herannaht - und das Türschloss für einen entscheidenden Moment blockieren. Selbsttätig fahren und lenken sowieso. Leider erkennt der Tempolimitassistent die 140-km/h-Zonen auf der Westautobahn nicht: Statt 140 liest er 100 km/h. Überhaupt ist gut gemeint manchmal das Gegenteil von gut. Während der Fahrt aktivierte sich zweimal der Notfallassistent, obwohl der Fahrer sich nicht auffällig verhielt.
Positiv: Der Tempomat lässt sich jetzt kilometerweise verstellen statt in Fünferschritten.
Connectivity at ist best
Die Konnektivitätsstandards sind zukunftsweisend. Erfreulich intelligent helfen diese zum Beispiel dem Navi dabei, mit Hilfe aktueller Real-Time-Traffic-Informationen den Fahrer an Staus vorbei zu lotsen. Ist der Fahrer unaufmerksam, unterstützen ihn zudem diverse Assistenzsysteme dabei, Gefahren zu umgehen. Und mit dem neuen Connect-Key wird das Smartphone zum Autoschlüssel, mit dem sich A6 öffnen und schließen lässt. Das funktioniert allerdings nur mit Android-Geräten.
Unterm Strich
Der Audi A6 ist ein feines Auto geworden. Auch wenn der Testwagen mit dem serienmäßigen Allradantrieb über 90.000 Euro kostet - im Kreis der deutschen Premiumlimousinen ist er nicht der Teuerste. Trotz aller Hightech-Schmankerln, seines feinen Designs (bessere Wiedererkennbarkeit als früher) und des eleganten Auftritts hinterlässt er jedoch einen durchwachsenen Eindruck. Mit dem zögerlich-vehementen Topdiesel, der nervösen Automatik und der um die Mittellage unbestimmten Lenkung ist er als Reisewagen nicht unsere erste Wahl.
Warum?
Klares Design
Top-Connectivity
Warum nicht?
Motor agiert verzögert, die Automatik nervös
Lenkung nicht ideal
Oder vielleicht …
… BMW 5er, Mercedes E-Klasse oder der Benziner (Audi A6 55 TFSI quattro)
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