May erneut gescheitert
Wie geht es jetzt im Brexit-Theater weiter?
Nach der erneuten Ablehnung des EU-Austrittsabkommens durch das britische Unterhaus sind im Brexit-Chaos weiterhin viele Fragen offen. Auch wenn sich die EU auf diesen Fall vorbereitet hat, weiß nun niemand so recht, wie es weitergehen soll. Ein „No-Deal-Brexit“ wird dadurch jedenfalls wieder wahrscheinlicher, wie auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu bedenken gibt.
„Ich bedauere die erneute Ablehnung des Austrittsabkommens. Wir treten weiterhin für einen geordneten Brexit ein, auch wenn dieser nun immer unwahrscheinlicher wird“, schrieb der Kanzler auf Twitter. „Wenn in den nächsten zwei Wochen seitens Großbritanniens kein Plan vorgelegt wird, wird es leider zu einem ,Hard Brexit‘ kommen. Auf einen solchen sind wir aber als Österreich und als EU gut vorbereitet.“
May: „Werden wohl an der EU-Wahl teilnehmen müssen“
Eine Möglichkeit wäre auch, dass die Europäische Union den Briten noch einen weiteren Aufschub gewährt, was nicht ganz unwahrscheinlich scheint. „Nun werden wir wohl an den EU-Wahlen teilnehmen müssen“, sagte Großbritanniens Premierministerin Theresa May unmittelbar nach der Abstimmung im Unterhaus. Sie wollte ein solches Szenario bisher unbedingt verhindern. Auch für die EU wäre es alles andere als optimal, wenn die Briten nun doch an der Wahl teilnehmen würden, aber auch einen ungeregelten Brexit will kaum jemand.
EU-Ratspräsident Donald Tusk berief daher für den 10. April einen neuerlichen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs ein. Nur zwei Tage später werden die Briten die EU ohne Vertrag verlassen, wenn man sich auf keinen anderen Weg einigt.
Kommt es überhaupt noch zum Brexit?
Sowohl Gegner als auch immer mehr Befürworter des Brexit halten es indes für immer wahrscheinlicher, dass es gar nicht zu einem Austritt der Briten kommt. So hatte etwa Großbritanniens ehemaliger Außenminister Boris Johnson - entschiedener Brexiteer und einer von Mays härtesten Gegnern - im Vorfeld dazu aufgerufen, das Abkommen bei der dritten Abstimmung doch noch anzunehmen. „Sonst bleiben wir in der EU“, begründete er seinen plötzlichen Sinneswandel.
„Ich habe wirklich Angst, dass wir niemals einen Brexit haben werden“, sagte auch Handelsminister Liam Fox vor der Abstimmung. Der erzkonservative Tory-Abgeordnete Jacob Rees-Mogg schlug in eine ähnliche Kerbe: „Die Wahl scheint Mrs. Mays Deal oder kein Brexit zu sein.“
Neuwahlen oder ein zweites Referendum?
Am Montag gehen die Beratungen im britischen Unterhaus weiter. Bleibt abzuwarten, ob und was dabei beschlossen wird. Nach Mays Aussagen von Freitagnachmittag zu urteilen, will sie nun beim EU-Sondergipfel am 10. April eine weitere - dann mit Sicherheit längerfristige - Verschiebung des Austritts beantragen.
Großbritannien könnte dann Neuwahlen oder auch ein zweites Referendum abhalten, wodurch sich die Kräfteverhältnisse im Parlament verändern bzw. die gesamte Debatte erübrigen könnte. Es bleibt jedenfalls spannend.
Lässt May noch ein viertes Mal abstimmen?
Britische Medien spekulieren, dass May kommende Woche einen weiteren Versuch unternehmen könnte, ihren Deal durchzubringen. Demnach würde sie ihn gegen jenen Alternativplan ins Rennen schicken, der sich in den Beratungen des Unterhauses als Favorit herauskristallisieren würde. Sollte auch dieser vierte Anlauf scheitern, dürfte May wohl Neuwahlen anstreben. Entsprechend wurde ihre Aussage gedeutet, dass sie sich für einen geordneten Brexit einsetzen werde und die Zeit für Alternativen bis zum 12. April schon zu knapp sei.
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