Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, hat scharfe Kritik an der türkis-blauen Bundesregierung geübt. „Es beunruhigt mich, dass die junge Garde in der Europäischen Volkspartei in allen Mitgliedsstaaten überhaupt keine Hemmungen mehr hat, mit Rechtsextremen zusammenzuarbeiten“, sagte der sozialdemokratische Spitzenkandidat bei der EU-Wahl.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe „immer beteuert, dass er die FPÖ in den Griff bekomme. Aber jetzt stellt sich die Frage, wer da eigentlich wen kontrolliert: Strache Herrn Kurz oder Kurz Herrn Strache?“, so Timmermans gegenüber dem Nachrichtenmagazin „profil“. In Anspielung auf seinen konservativen Kontrahenten bei der Europawahl, Manfred Weber, betonte der Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten (SPE), er werde „nie die Unterstützung der Rechtsextremen in Anspruch nehmen, um Kommissionspräsident zu werden“.
Timmermans drohte weiters den Regierungen in Ungarn und Polen mit Kürzungen von EU-Subventionen. In Ländern, in denen die Rechtsstaatlichkeit verletzt werde, steige die Korruption. „Ich muss einem europäischen Steuerzahler doch erklären können, dass sein Geld gut angelegt ist. Wenn ich das nicht sicherstellen kann, weil es keinen Rechtsstaat und Korruption gibt, dann muss man auch bei den EU-Förderungen handeln. Denn das Geld, das etwa nach Ungarn oder Polen geht, stammt von Steuerzahlern anderer Länder.“
Edtstadler kontert: „Sehr unglaubwürdig“
ÖVP-Spitzenpolitiker verwiesen in einer Reaktion auf das Timmermans-Interview auf Rechtsstaatsverletzungen in sozialdemokratisch regierten EU-Staaten wie Rumänien oder Malta. „Es ist sehr unglaubwürdig, aus wahltaktischen Gründen auf andere zu zeigen, aber in den eigenen Reihen andere Standards anzuwenden“, schrieb die Staatssekretärin im Innenministerium, Karoline Edtstadler, am Samstag in einer Aussendung. Die Listenzweite der ÖVP bei der Europawahl wies darauf hin, dass die beiden genannten Staaten „in Sachen Korruption traurige EU-Spitzenreiter“ seien.
Edtstadler wies ebenso wie ÖVP-EU-Delegationsleiter Othmar Karas auf das Vorgehen der rumänischen Regierung gegen die vom Europaparlament als künftige EU-Generalstaatsanwältin nominierte Laura Kövesi hin. „Hier erwarte ich mir klare Worte von Timmermans gegenüber der rumänischen PSD und volle Aufklärung“, so Edtstadler.
„Das riecht nach Politjustiz. Die dortige Regierung besteht aus Schwesterparteien von SPÖ und NEOS“, schrieb Karas auf Twitter zu den Amtsmissbrauchs-Vorwürfen gegen die abgesetzte rumänische Korruptionsjägerin Kövesi.
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