„Kopftuch-Ausstellung“
Muslimische Mode: Diese Schau sorgt für Aufregung
An dieser Ausstellung scheiden sich die Geister: Im Frankfurter Museum Angewandte Kunst wird nächste Woche eine Ausstellung über muslimische Mode eröffnet. Diese Ankündigung genügt in der aktuellen Stimmungslage, um schon vor Beginn der Schau eine Debatte auszulösen und Hass-Mails zu provozieren, in sozialen Netzwerken ist von einer „Kopftuch-Ausstellung“ und einem „Kniefall vor der Modeindustrie“ die Rede. Heftige Reaktionen gab es jedenfalls sowohl von liberalen Musliminnen und Frauenrechtlerinnen als auch aus dem rechten Milieu. Zum ersten Mal in der Geschichte des Hauses wird es in Frankfurt Taschenkontrollen und Leibesvisitationen geben.
„Contemporary Muslim Fashions“ heißt die Schau. Am kommenden Mittwoch darf die Presse hinein, am Donnerstagabend wird sie eröffnet, ab Freitag ist sie für das Publikum geöffnet und bis 15. September zu sehen. Gezeigt werden 80 „Ensembles“ - wie das Museum sie nennt - von Designerinnen und Designern aus aller Welt für muslimische Frauen: Kopftücher, züchtige Kleider, Ganzkörper-Schwimmanzüge, Luxusartikel.
Österreicher Max Hollein hatte Idee zu Ausstellung
Die Idee für das Thema stammt vom Österreicher Max Hollein, dem früheren Museumschef in Frankfurt mit untrüglichem Gespür für zugkräftige Themen. Bevor er nach New York weiterzog, war er in San Francisco tätig. Dort lief die Ausstellung vom 22. September 2018 bis 6. Jänner dieses Jahres.
Nach der Station in Frankfurt zieht sie weiter nach Rotterdam und ist dann in New York zu sehen. Weitere Museen haben Interesse angemeldet.
Schon Wochen vor der Eröffnung in Deutschland meldete sich eine Gruppe namens „Migrantinnen für Säkularität und Selbstbestimmung“ in einem offenen Brief zu Wort. Die Unterzeichnerinnen sind „entsetzt“ über die Ausstellung, finden sie „absurd“ und „zynisch“. Sie sei „ein Schlag ins Gesicht inländischer und ausländischer Frauenrechtlerinnen“. Mit der Schau werde „eine Kleiderordnung protegiert, mit der die Hälfte der Bevölkerung in muslimischen Ländern und auch in den muslimischen Communities in Deutschland unterdrückt wird“.
Einlasskontrollen zur „Sicherheit aller Besucher und Mitarbeiter“
Museumsdirektor Matthias Wagner K reagierte souverän und lud die Frauen vorab ins Museum ein - zu einem vertraulichen Gespräch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Heftige Reaktionen löst die Ausstellung aber auch in einem anderen gesellschaftlichen Spektrum aus. Neben dem Brief der liberalen Musliminnen erhielt das Museum auch Hass-Mails aus dem rechten Milieu. Sie gaben letztlich den Ausschlag, dass „zur Sicherheit aller Besucher und der Mitarbeiter“ Einlasskontrollen verfügt wurden.
Auch Seyran Ates, streitbare Gründerin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin, hielt sich mit Kritik an der Ausstellung nicht zurück. „Die Veranstalter einer solchen Ausstellung verkaufen sich für viel Geld an die Textilindustrie und die Islamisten, die am liebsten alle Frauen dieser Welt verhüllen würden“, so Ates gegenüber der Frauenzeitschrift „Emma“. Das Blatt von Herausgeberin Alice Schwarzer nennt die Schau einen „Skandal“ und spricht von einer „Werbeausstellung für das Kopftuch“.
Der Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi, Autor des Buchs „Ihr müsst kein Kopftuch tragen“, erklärte indessen: „Durch eine solche Ausstellung fallen die Macher sämtlichen Frauen in den Rücken, die in den muslimischen Ländern und im Westen gegen den Zwang zur Verschleierung kämpfen.“
CDU-Politiker sieht „künstlerisches Fiasko“
Kritik an der Schau kam auch aus der Politik: Der hessische CDU-Landtagsabgeordnete Ismail Tipi sprach auf Twitter von einem „künstlerischen Fiasko“. „Was Frauen entrechtet und diskriminiert, gehört nicht in eine Ausstellung. Vollverschleierung darf nicht hoffähig werden“, so der Politiker.
Dass es schon vorab Reaktionen gab, hat Wagner K nicht überrascht - wohl aber ihre Vehemenz, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte. In San Francisco sei die Ausstellung äußerst positiv aufgenommen worden - in Deutschland führe man schon politische Diskussionen, bevor überhaupt jemand die Ausstellung gesehen habe. „Das zeigt den Zustand unserer Zeit.“
Ausstellung zeigt „Vielfalt muslimischer Kleidung“
Wagner K findet es „schade“, dass die Schau damit „auf eine Kopftuch-Ausstellung verkürzt wird, was sie definitiv nicht ist“. Sie zeige ganz im Gegenteil gerade die Vielfalt muslimischer Kleidung: eine spannende Modeszene, junge Influencerinnen und selbstbewusste Kundinnen. Wagner K ist überzeugt: „Es war eine absolut richtige Entscheidung, diese Ausstellung hier und jetzt zu zeigen.“
Für Frankfurt wurde die in den USA kuratierte Ausstellung um Designerinnen aus Wien (Naomi Afia und Imen Bousnina), Berlin und Mannheim erweitert. Muslimische Mode sei „nicht zwingend mit Religiosität - egal welcher Art - in Verbindung zu bringen“, betont eine Sprecherin. Es werde weder eine Burka noch ein Nikab gezeigt. Zudem kämen, vor allem mit den Arbeiten von Fotografinnen, auch kritische Stimmen zu Wort.
Max Hollein lobt „die modernen, lebendigen und außergewöhnlichen Modeszenen“ der muslimischen Welt und ist überzeugt: „,Contemporary Muslim Fashions‘ ist eine überfällige, dringend notwendige Untersuchung eines facettenreichen Themas, das von Museen bisher noch nicht weitgehend erforscht wurde.“
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