Wenn Japans neuer Kaiser Naruhito kommenden Monat sein Amt antritt, wird er den Beginn der „Reiwa“-Ära einläuten. Diesen Namen gab die japanische Regierung am Montag in Tokio bekannt, er steht für „Ordnung“ und „Frieden“ oder „Harmonie“. Für eine neue Ära einen Namen auszuwählen, ist eine jahrhundertealte Tradition. Sie hat aber auch in der Gegenwart weitreichende Folgen für den Alltag der Japaner.
Kaiser Akihito wird am 30. April nach drei Jahrzehnten abdanken - als erster Tenno seit mehr als zwei Jahrhunderten. Am 1. Mai besteigt dann sein Sohn Naruhito den Chrysanthementhron, womit die neue Zeitrechnung in Japan beginnt. Japan ist das einzige Land der Welt, in dem noch ein kaiserlicher Kalender verwendet wird. Während anderswo das Jahr 2019 geschrieben wird, ist in Japan derzeit noch Heisei 30 - das 30. Jahr der Ära von Kaiser Akihito.
„Ordnung und „Harmonie“
Für Ära-Namen gibt es in Japan strenge Vorschriften. Sie müssen einfach zu lesen und zu schreiben sein, dürfen keine Markennamen oder beliebten Eigennamen und auch nicht das Anfangszeichen der vier vorhergehenden Äras enthalten. Außerdem setzt sich der Name einer Ära traditionell aus nur zwei Schriftzeichen zusammen. Im Begriff „Rei“ schwingen Bedeutungen wie „Ordnung“ und „glückbringend“ mit, „Wa“ wird meist mit „Frieden“ oder „Harmonie“ übersetzt.
Regierungschef Shinzo Abe sagte, der Begriff „Reiwa“ gehe auf das „Manyoshu“ zurück, eine Sammlung japanischer Gedichte, die rund 1.200 Jahre alt ist. Ausgewählt wurde der Name der neuen Ära unter strenger Geheimhaltung. Ein Gremium aus neun Mitgliedern, darunter ein Nobelpreisträger, wurde für seine Beratungen in einem der Amtszimmer des Premierministers eingeschlossen. Keiner von ihnen durfte ein Telefon mit hinein nehmen, außerdem wurde sichergestellt, dass der Raum nicht verwanzt ist.
Der Beginn einer neuen Ära ist in Japan stets ein wichtiger Tag. Es gibt Feiern an öffentlichen Orten, Kalligraphie-Vorführungen und Sonderausgaben von Tageszeitungen. Ein Hotel hat außerdem zur Feier des Tages einen Riesen-Burger aus dem besonders edlen Wagyu-Rindfleisch auf die Speisekarte gesetzt. Er ist drei Kilogramm schwer, hat mit Gold bestäubte Brötchenhälften und soll rund 800 Euro kosten.
Angst vor technischen Problemen
Auch wenn die Tradition der Ära-Namenswahl schon lange besteht - ihre Auswirkungen auf den Alltag in Japan sind auch heute nicht zu unterschätzen. Im Technologiesektor gibt es bereits ähnliche Sorgen wie vor der Jahrtausendwende im Jahr 2000, ob die Umstellung von einer Ära auf die nächste ohne technische Probleme funktioniert.
Feiertagsstimmung
Die zuletzt eher instabilen Finanzmärkte erhoffen sich einen Aufschwung dank der Nachfrage, die durch die neue Ära entsteht: So berichten etwa Unternehmen, die Siegel für offizielle Dokumente herstellen, von umfangreichen Vorbestellungen. „Aktien, die mit der neuen Ära zu tun haben, werden bereits intensiv gekauft“, sagte Börsenmakler Toshikazu Horiuchi von der Firma IwaiCosmo Securities. „Wir hoffen, dass die Festtagsstimmung dem ganzen Markt zu einem Aufschwung verhilft.“
Seit Einführung der kaiserlichen Zeitrechnung im 7. Jahrhundert gab es fast 250 „gengo“, wie sie auf Japanisch heißen. Früher riefen Kaiser auch mitten in ihrer Regentschaft eine neue Ära aus, zum Beispiel, um nach Naturkatastrophen einen Neustart zu markieren. In jüngerer Zeit umfasste eine Ära jedoch immer die gesamte Herrschaft eines Kaisers.
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