Ex-Bauingenieur:

„Mochovce erfüllt keinerlei AKW-Voraussetzungen“

Österreich
04.04.2019 06:00

In knapp drei Monaten soll der dritte Reaktor im umstrittenen Atomkraftwerk Mochovce in der Slowakei ans Netz gehen. Nun melden sich aber Tag für Tag neue Whistleblower, die über haarsträubende Mängel berichten und von einem nicht abschätzbaren Risiko sprechen. Nach einem „Geheimtreffen“ mit einem ehemaligen Techniker in Bratislava packt nun auch ein ehemaliger slowakischer Bauingenieur im krone.at-Studio aus. Mario Zadra führt die meisten bekannten Mängel auf eine nicht vorhandene Koordination zwischen den beteiligten Baufirmen zurück. „Der Reaktor ist noch lange nicht fertig“, lautet die besorgniserregende Analyse des Experten, der von einem Atomkraftwerk spricht, das „keinerlei Voraussetzungen“ erfülle.

Lange Jahre - das Projekt befindet sich seit 1985 in der Bauphase - sei niemand an einer Fertigstellung interessiert gewesen, meint Zadra im Gespräch mit Damita Pressl. „Wenn man nie fertig wird, muss man sich auch nicht um die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen kümmern“, glaubt der Bauingenieur den Grund für das Hinauszögern gefunden zu haben. Viele an dem Projekt Beteiligte hätten ihren Lebensunterhalt damit verdient und somit gar kein Interesse an einer Fertigstellung gehabt. Das Hauptproblem aus seiner Sicht: viele Firmen, aber keine koordinierende Stelle, die alles überwacht.

Mario Zadra (Mitte) mit Global-2000-Atomexperte Reinhard Uhrig und Moderatorin Damita Pressl im krone.at-Studio (Bild: krone.tv)
Mario Zadra (Mitte) mit Global-2000-Atomexperte Reinhard Uhrig und Moderatorin Damita Pressl im krone.at-Studio

Viele Firmen, keine Koordination
Normalerweise sei bei Bauprojekten eine koordinierende Stelle, wo alles zusammenlaufe, die wichtigste Stelle. Anhand eines plastischen Beispiels erläutert Zadra, welche Fehler in der Bauphase passieren können: „Es kann vorkommen, dass eine Firma glaubt, dass die andere Firma ein entsprechendes Kabel verlegt - und umgekehrt. So passiert aber nichts.“

Das AKW Mochovce in der Slowakei (Bild: GLOBAL 2000/Christopher Glanzl)
Das AKW Mochovce in der Slowakei
Ingenieure im Kontrollraum für Reaktor 3 im slowakischen AKW Mochovce (Bild: APA/AFP/VLADIMIR SIMICEK)
Ingenieure im Kontrollraum für Reaktor 3 im slowakischen AKW Mochovce

Auf die Frage, ob er solche Zustände bei anderen Projekten schon gesehen habe, stellt Zadra klar: „Das hat mit Kernkraftwerken nichts zu tun. Es wurden keinerlei Voraussetzungen für Atomkraftwerke erfüllt. Hier waren Menschen am Werk, die sich mit Atomkraftwerken nicht auskennen.“ Zudem seien Experten wie er und viele seiner Kollegen „systematisch entlassen“ worden. Warum? „Wegen Umstrukturierungen in der Organisation.“

Berichte über Mängel führten zu Anfeindungen
Doch er glaubt, dass seine Berichte über Mängel der Grund für seine Entlassung waren. Die internen Berichte hätten für viel Ärger und Anfeindungen innerhalb der Organisation gesorgt, erklärt Zadra. Viele Kollegen, die seiner Meinung waren, seien „plötzlich verschwunden, versetzt“ worden. Da sonst aber keine Reaktionen erfolgt seien, sei er schließlich an die Öffentlichkeit getreten.

Ein Super-GAU in Mochovce würde Österreich voll treffen. (Bild: Krone-Grafik)
Ein Super-GAU in Mochovce würde Österreich voll treffen.

„Die ersten Ursachen für Unfälle stecken in der Konstruktion“
Ob man den Reaktor noch adaptieren könnte, damit alle Sicherheitsstandards erfüllt werden können, kann der Slowake nicht beantworten. Für ihn ist auch das Risiko nicht abschätzbar. „Es kann sein, dass ein radioaktiver Unfall einen Tag nach dem Reaktorstart, nach sieben Tagen oder erst nach 39 Jahren passiert. Die ersten Ursachen für Unfälle sind in der Konstruktion zu finden“, gibt Zadra zu bedenken.

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