Drohender Super-GAU

Politik fordert Inspektoren für AKW-Ruine Mochovce

Als Kronzeuge der Anklage wagte sich ein Maschinenbauingenieur aus der Deckung und enthüllte die gefährlichen Sicherheitslücken in Mochovce. Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) verlangt jetzt volle Aufklärung und eine „sofortige Überprüfung der Anlage“ durch unabhängige Atominspektoren.

Verzweifelt und mit 62 Sicherheitsberichten hatte sich der 58-jährige Maschinenbauingenieur Mario Zadra an seine Vorgesetzten gewandt. Doch statt auf seine massiven Bedenken einzugehen, wurde der unbequeme Atomexperte gefeuert. 

Ingenieure im Kontrollraum für Reaktor 3 im slowakischen AKW Mochovce (Bild: APA/AFP/VLADIMIR SIMICEK)
Ingenieure im Kontrollraum für Reaktor 3 im slowakischen AKW Mochovce

„Die Situation ist überhaupt nicht unter Kontrolle“
„Während der gerade laufenden Inbetriebnahme-Phase werden Tests ohne Kernbrennstoff am Reaktor 3 durchgeführt. Dabei kam und kommt es zu Kabelbränden, zum Bruch von Ventilen im Primärkreislauf und zu vielen anderen Problemen. Die Situation ist chaotisch und überhaupt nicht unter Kontrolle. Und das 93 Tage vor der geplanten Inbetriebnahme des Reaktors“, schlägt Zadra Alarm (siehe auch Video oben). Seine Befürchtungen haben umso mehr Gewicht, als er bei der Errichtung von Atommeilern in Rumänien, der Slowakei und Argentinien nukleare Erfahrungen sammeln konnte.

(Bild: stock.adobe.com)

„Das Projekt wird durch weiteren Pfusch verschlechtert"
Die berechtigten Sorgen, wie sie auch Whistleblower Adam K. (Name geändert) beim Geheimtreffen mit der „Krone“ ans Licht brachte: „Durch die vielen undurchschaubaren Veränderungen ist die Reaktor-Baustelle mittlerweile nicht mehr als Originalprojekt zu erkennen. Doch anstatt dieses zu verbessern, wird es durch weiteren Pfusch verschlechtert!“

Der Talk über das „Krone“-Geheimtreffen mit dem Whistleblower:

„Ich kann einfach nicht mehr damit leben, von der drohenden Gefahr zu wissen und dennoch zu schweigen“, sagt Ingenieur Adam K. (Bild: Klemens Groh)
„Ich kann einfach nicht mehr damit leben, von der drohenden Gefahr zu wissen und dennoch zu schweigen“, sagt Ingenieur Adam K.

Versprochene Umweltverträglichkeitsprüfung blieb aus
 Wenn der slowakische Reaktor 3 in 93 Tagen in Betrieb geht, ist also das Schlimmste zu befürchten. Zumal es - wie die beiden Global-2000-Experten Reinhard Uhrig und Patricia Lorenz massiv kritisieren - die von der Slowakei den Österreichern versprochene Umweltverträglichkeitsprüfung nie gegeben hat

(Bild: APA/AFP/VLADIMIR SIMICEK)
Ein Bild mit großem Symbolwert - Global-2000-Experten vor der brandgefährlichen Meilerlandschaft (Bild: GLOBAL 2000/Christopher Glanzl)
Ein Bild mit großem Symbolwert - Global-2000-Experten vor der brandgefährlichen Meilerlandschaft

Köstinger: Für mich ist klar - so geht es nicht!
Die sich von Stunde zu Stunde überschlagenden Alarmmeldungen rufen daher auch neuerlich Umweltministerin Köstinger auf den Plan. Sie fordert besorgt von ihrem Amtskollegen Laszlo Solymos sowie Wirtschaftsminister Peter Ziga „umgehend Aufklärung und eine Überprüfung der Vorwürfe“! Und sogar eine veritable diplomatische Krise steht im Raum: „Für mich ist klar - so geht es nicht! Wenn diese Berichte den Tatsachen entsprechen, können diese Reaktoren nicht ans Netz gehen. Ich fordere eine sofortige Überprüfung der Anlage.“ Das soll etwa durch unabhängige Atominspektoren wie im Atomstreit mit dem Iran geschehen.

(Bild: APA/HANS PUNZ)

Empört reagieren auch die EU-Spitzenkandidaten von SPÖ und FPÖ, Andreas Schieder und Harald Vilimsky. Sie fordern einen sofortigen Baustopp bzw. ein Verbot der Inbetriebnahme!

Daten und Fakten:

  • Seit 34 Jahren wird am Reaktorblock 3 gebaut. Vieles ist mit Sowjet-Technik aus den Siebzigerjahren zusammengestückelt, nichts aus einem Guss, der die Sicherheit gewährleisten könnte.
  • Experten verlangen trotz der Kostenexplosion von 2,4 Milliarden auf 5,4 Milliarden Euro einen kompletten Neubau.
  • Die Schrott-Reaktoren liegen etwa 100 Kilometer von der österreichischen Grenze und 200 Kilometer von Wien entfernt.
  • Das Volldruck-Containment, das bei einem Unfall radioaktive Stoffe zurückhält, fehlt! Dazu kommt die unzureichende Versorgung mit Kühlwasser.
  • Auch gegen Flugzeugabstürze gibt es keinen Schutzschild.

Mark Perry und Christoph Matzl, Kronen Zeitung

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