Mit einer mangelnden Distanzierung von der rechtsradikalen Identitären Bewegung brachte der Grazer Vizebürgermeister Mario Eustacchio die FPÖ gehörig unter Druck. Im Interview mit der „Krone“ finden er und FPÖ-Minister Mario Kunasek nun doch die Distanz - und setzen konkrete Taten. So muss der umstrittene Gemeinderat Heinrich Sickl den Mietvertrag mit den Identitären auflösen.
„Kronen Zeitung“: Wie hält es die steirische FPÖ mit den Identitären?
Mario Kunasek: Wir waren die erste Landesgruppe Österreichs, die eindeutige Beschlüsse gefasst hat - und zwar bereits im Jahr 2016. Diese besagen, dass Sympathisanten der Identitären Bewegung bei uns keinen Platz haben. Aktuell greifen die Identitären die FPÖ massiv an, und daher stelle ich klar: Wenn sich jemand mit den Identitären auch nur solidarisiert, hat er in der FPÖ nichts zu suchen. Das ist parteischädigendes Verhalten und hat den Ausschluss zur Folge.
Von welchen Angriffen sprechen Sie konkret?
Kunasek: Nicht nur die Partei, auch Parteiobmann H. C. Strache wird von den Identitären attackiert. Ein Beispiel: Wir wären der „verfaulte Rest der patriotischen Kräfte“.
Wie halten Sie es mit politischen und gesellschaftlichen Positionen der Identitären?
Kunasek: Auch hier ganz klar: Wenn jemand Hakenkreuze an Synagogen klebt, dann hat er keinen Platz bei uns. Mit solchen Leuten - und auch mit jenen, die sich damit solidarisieren - wollen wir nichts zu tun haben. Auch hier gilt: Parteiausschluss! Hier geht es ganz klar um Partei-Hygiene.
Mario Eustacchio: Auch mir geht das natürlich viel zu weit. Es hat von uns niemand die Nähe zu den Identitären gesucht und wird es auch in Zukunft nicht tun.
Das widerspricht allerdings Ihren jüngsten Aussagen...
Eustacchio: Ich habe gesagt, dass ich drei Positionen der Identitären unterschreiben kann: Deren traditionelles Familienbild „Vater-Mutter-Kind“ sowie ihre Haltung zu Islamisierung und Zuwanderung. Ich habe allerdings nicht gesagt, dass ich alles unterschreibe, was die Identitären tun und denken. Einen Tag nach meinen Aussagen wurde bekannt, dass ein Identitärer Hakenkreuze an eine Synagoge geklebt hat. Da ist eine rote Linie klar überschritten worden. Der freiheitliche Weg ist kein Weg des Aktionismus. Wir haben finanziell, strukturell und personell keinerlei Verknüpfungen mit den Identitären. Wir entziehen jedem Anschein einer angeblichen Verflechtung endgültig den Boden!
Würden Sie Ihre Aussagen von der Vorwoche jetzt noch einmal so formulieren?
Eustacchio: Nein, heute bin ich gescheiter - das räume ich gerne ein. Ich will doch bei niemandem anstreifen, der radikal, oft sogar kriminell und antisemitisch ist. Apropos Antisemitismus: Ruth Kaufmann, die ehemalige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in Graz, hat mir am Samstag folgende Zeilen geschrieben: „Ich habe Mario Eustacchio als einen echten Freund der jüdischen Gemeinde kennengelernt und bei ihm niemals den geringsten Hinweis auf eine rechtsextreme oder gar antisemitistische Haltung feststellen können. Im Gegenteil habe ich ihn als wirklich verlässlichen Freund der Grazer Juden kennen- und schätzengelernt.“
Dennoch bleibt die Causa Ihres Gemeinderats Heinrich Sickl hängen: Er vermietet Räumlichkeiten an die Identitäre Bewegung.
Eustacchio: Ich habe Heinrich Sickl unmissverständlich aufgefordert, diese Sache sofort zu lösen. Diese Nähe wollen wir nicht, und daher wird dieses Mietverhältnis zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufgelöst. Die Identitären ziehen aus!
Wie würden Sie unseren Lesern die Identitäre Bewegung beschreiben?
Kunasek: Sie artikulieren mit Aktionismus ihre persönliche Meinung - und das auf eine Art und Weise, die nicht kompatibel mit einer politischen Partei wie der FPÖ ist.
Eustacchio: Das kann ich nur unterschreiben: Die haben bei uns in Graz nichts verloren!
Sind Sie für ein Verbot der Identitären Bewegung?
Kunasek: Ich kann sie nicht verbieten, weil sie kein Verein ist. Darum verstehe ich die Auflöse-Debatte nicht ganz.
Sind die Identitären für Österreich gefährlich?
Kunasek: Das sehe ich nicht. Von einer Unterwanderung des Bundesheers kann man jedenfalls sicher nicht sprechen. Allerdings darf im Bundesheer für Extremismus definitiv kein Platz sein.
Herr Minister, Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer hat Ihnen den Sessel vor die Tür gestellt - ohne ausreichende Abgrenzung zu Rechtsextremen könne er sich keine Koalition mit Ihnen in einer nächsten Landesregierung vorstellen...
Kunasek: Für Festlegungen möglicher Koalitionen ist es sicherlich noch zu früh. Wir müssen schauen, wie die Wahl ausgeht. Der Wähler soll bewerten, ob Mario Kunasek und die FPÖ reif sind für eine Regierungsbeteiligung oder nicht. Erst danach wird und soll es Gespräche geben.
Oliver Pokorny und Gerald Schwaiger, Kronen Zeitung
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